08-15h: so nullachtfünfzehn

Astronautin, Prinzessin, Fußballspielerin, Autor oder Pilot. Als Kind hatte man noch so fantasievolle Vorstellungen, was «arbeiten» bedeutet. Wir träumten vom Tag, an dem wir von morgens bis abends unsere Leidenschaft ausleben könnten.  Wir assoziierten «arbeiten» mit unserem Traumjob, unserem Lebensideal. Wie will ich leben? Wo will ich wohnen? Was will ich machen? Irgendwann auch die Realisation: man wird auch noch dafür bezahlt!

Arbeiten. Beruf. Was soll das einem Kindergartenkind schon sagen? Nichts? Doch mit kindlicher Fantasie: Alles. Ich zum Beispiel wollte immer das Haus meiner Grossmutter in einen Pferdestall umfunktionieren (inkl. Extrastall für Einhörner natürlich). Meine BFF wollte das übrigens auch. 

Arbeiten. Beruf. Doch plötzlich ist es Realität. Plötzlich tanzen nicht mehr Träume vom eigenen Ponyhof oder vom Feuerwehreinsatz vor den Augen, sondern graue Krawatten und blau leuchtende Bildschirme versperren die Weitsicht. Halt. Stopp. Alles ausser ein 9-to-5 Job. Alles ausser um 8:00Uhr auf der Matte stehen und bis 15:00Uhr in einer Bürozelle verrotten. Nur kein Null-Acht-Fünfzehn Job!!

Doch bedeutet dies erwachsen werden? Bedeutet erwachsen werden, die rosarote Sonnenbrille abzulegen und der ECHTEN Realität die Hand zu reichen? Bedeutet es, seine Leidenschaften fallen zu lassen für einen Brotjob? Bedeutet es, von morgens bis abends zu schuften, das einzige Farbige am Tag, die Avocadosocken in den harten Lackschuhen? 

Ist ja logisch, dass keiner mehr arbeiten will. Wessen Traumjob ist es denn bitte, in Vollzeit angestellt im Grosskonzern tausende Arbeitsstunden in Windeseile vorbeiziehen zu sehen und – Ellenbogen auf dem überdimensionalen Aktenstapel – den im Winde verwehten Kindheitsträumen mit einem Nostalgietränchen hoffnungslos nachzuschauen? Definitiv nicht der der Generation Z! Denn unser Individualitätsdrang haltet uns davon ab, als unbedeutendes Zahnrad in diesem fehlerhaften System unterzugehen. Auch die meisten von uns machen nach der Schule ein Zwischenjahr, um «noch ein bisschen zu leben», oder um zu reisen, um «sich selbst zu finden.» Viele von uns wollen in der Zukunft nur wenige Arbeitsstunden und viel Freizeit haben, damit man noch Zeit hat, für das, was man ja eigentlich machen will. Ich grause mich ehrlich gesagt auch davor zu leben, um zu arbeiten, anstatt zu arbeiten, um zu leben. 

Lieber als um 8:00Uhr im Büro demotiviert mit gerunzelter Stirn im Büro anzutanzen würde ich zu Hause am Esstisch sitzen wollen und gemütlich nach meiner luxuriösen 30-Min-Mindfulness-Yoga-Gua-Sha-und-Journaling Routine, mit hochgelagerten Füssen noch ein bisschen durch die Zeitung blättern. Aber schaut euch doch mal die Medien an! Schon jetzt nur noch Katastrophen, brenzlige Situationen, hoffnungslose Dialoge. Krieg hier, Krieg da. Mangel hier, Mangel dort. Menschenleben. Sei es der globale Klimawandel, der Niedergang der Demokratie, oder Migrationskrisen: diese Probleme werden sich nicht durch Teilzeitarbeit und WC-Pausen (Handy dabei) lösen. Wie uns die Erwachsenen oftmals daran erinnern, liegt die Zukunft in unseren Händen. Wenn wir uns nicht korrekt auf diesen riesigen Brocken vorbereiten, wird er uns irgendwann definitiv überrumpeln. 

Aber ging da nicht etwas an kindlicher Fantasie verloren? Etwas an kindlicher Fantasie, was wir vielleicht wiederfinden sollten? Vielleicht nicht so weit bis zum extra Stall für Einhörner, aber ein bisschen Leidenschaft sollten wir in unserer Zukunft doch sehen können! 

Begeben wir uns in die kindlichen Traumwelt zurück und betrachten diese riesige Zukunftslast mit der rosaroten Sonnenbrille der Kindheit. Denn wieso assoziieren wir ein 08-15 nicht mehr mit Leidenschaft? Wieso bedeutet «arbeiten» für uns plötzlich «nicht mehr zu leben» und «unglücklich sein»? Wer hat all diese Träume zerstört? Lass uns doch träumen wie früher! Lasst uns das tun, was wir gerne tun, was uns wichtig scheint, was wir gut können. Lasst uns den ganzen Tag enthusiastisch unsere Leidenschaft ausleben – und auch noch dafür bezahlt werden! Lasst uns von 8:00Uhr bis 15:00Uhr für eine bessere Welt arbeiten.  «Arbeiten»: Anstatt für ein fremdes Ziel im Unglück zu vergammeln, mit Leidenschaft und Sinnhaftigkeit das eigene Potential Tag für Tag ausschöpfen: das ist das neue 0815 – und nur damit können wir (apropos rosarote Sonnenbrille) die Welt retten. 

Schreckt also nicht davor zurück, nullachtfünfzehn zu sein. Seid stolz darauf! Denn jedes Zahnrad bringt das (wenn auch (noch) fehlerhafte) System zum Laufen. Denn wir brauchen ein starkes, effizientes Fundament für alles (und es ist sehr viel), was auf uns zukommt, das ist uns allen klar – und mit Leidenschaft hat man bekanntlich am meisten Ausdauer und mehr Spass. Kann die Generation Z das neue 0815 sein? Lass es uns beweisen!

Nullachtfünfzehn. Ein Begriff so falsch verstanden. Ein Begriff so zukunftsentscheidend.    

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