Bedroht der Versuch zur Gleichheit unsere Freiheit?

In der jüngsten Vergangenheit wurden immer wieder Bestrebungen bemerkbar angeblich unterdrückte Volksgruppen, wie Frauen oder ethnische Minderheiten, mittels staatlichen Eingreifens, mehr Rechte zukommen zu lassen. Diese Bestrebungen manifestieren sich in umstrittenen Methoden wie der Frauenquote oder dem gesetzlichen Schutz gegen «Hassrede». Dabei drängt sich die Frage auf, ob gesetzlich bestimmte Gleichheit wirklich der lang gesuchte Weg in eine goldene, gerechte Gesellschaft ist, oder ob nicht grundlegende Rechte wie Meinungsfreiheit in Gefahr gebracht werden. Und falls ja, wäre es das Wert oder nicht?

In der jüngsten Vergangenheit wurden immer wieder Bestrebungen bemerkbar angeblich unterdrückte Volksgruppen, wie Frauen oder ethnische Minderheiten, mittels staatlichen Eingreifens, mehr Rechte zukommen zu lassen. Diese Bestrebungen manifestieren sich in umstrittenen Methoden wie der Frauenquote oder dem gesetzlichen Schutz gegen «Hassrede». Dabei drängt sich die Frage auf, ob gesetzlich bestimmte Gleichheit wirklich der lang gesuchte Weg in eine goldene, gerechte Gesellschaft ist, oder ob nicht grundlegende Rechte wie Meinungsfreiheit in Gefahr gebracht werden. Und falls ja, wäre es das Wert oder nicht?

Um sich mit diesem Thema zu beschäftigen, sollte man erstens Gleichberechtigung und zweitens die allgemeine Freiheit eines jeden Bürgers definieren. 

Gleichberechtigung, wie es der Name schon sagt, gibt die Ausstattung eines jeden Individuums mit gleichen Rechten und somit gleichen Chancen vor. Da besonders Frauen und ethnische Minderheiten in der Vergangenheit mit Unterdrückung zu kämpfen hatten, wird Gleichberechtigung heute vor allem mit ihnen assoziiert. 

Bei der Freiheit des einzelnen Bürgers wird es schon deutlich komplexer. In der heutigen Zivilisation hat man sich weitgehend darauf geeinigt, dass die Freiheit des Einzelnen dort an ihre Grenzen gelangt, wo die Freiheit des Nächsten beginnt. Übertritt man diese Grenze schränkt das logischerweise die Freiheit des Nächsten ein. Das gibt aber noch nicht Aufschluss darüber, was als Einschränkung gewertet werden soll. Und genau hier beginnt die Debatte. Von dieser Linie gibt es keine objektive Definition, nur noch die Frage, ob man Freiheit oder Gleichheit höher wertet. 

Nach diesem Versuch zur groben Definition der beiden Schlüsselbegriffe lässt sich das wohl bekannteste Mittel zur erhofften Gleichheit der Geschlechter schon besser untersuchen, die Rede ist von der Quotenlösung. Diese sieht vor, dass ein Unternehmen mit einem niedrigen Frauenanteil, selten auch umgekehrt, einen bestimmten Prozentsatz an Frauen einzustellen hat. Mittels einer staatlich eingeführten Quotenregelung stellt das Unternehmen seine Mitarbeiter also nicht mehr priorisiert wegen ihrer Kompetenz, sondern ihres Geschlechts ein. In diesem Fall wird also die Freiheit sich überall bewerben zu können um der Gleichheit Willen eingeschränkt, es wird nicht auf Chancengleichheit sondern auf Ergebnisgleichheit gesetzt. Aber vielleicht können das die positiven Aspekte wieder aufwiegen? Mehr Frauen in männerdominiertem Umfeld bedeuten mehr Vorbilder für junge Mädchen. So wäre Lisa vielleicht als erste Person auf dem Mars gelandet, weil man aber nie etwas von Astronautinnen hört, hat sie keine Vorbilder und wird dann doch Krankenschwester. 

Das ist auf jeden Fall schade und ein grosser Nachteil von unregulierten Unternehmen. Wenn man besagter Lisa jedoch von früh auf beibringt, an sich und ihre Träume zu glauben, egal welche Hindernisse ihr den Weg erschweren, ist kein staatliches System von Nöten, das beginnt individuelle Probleme auf staatlicher Ebene zu lösen, jeden noch so kleinen Kieselstein mit autoritärer Macht aus Lisas Weg zu räumen. So nämlich nehmen die Gegner der Quotenlösung diese wahr, als Beginn staatlichen Eingreifens in die Entscheidungsfreiheit und als legitimierten Sexismus auf Berufsebene. Denn wie sonst sollte man eine Absage an jemanden, basierend auf dessen Geschlecht, nennen? 

Hier fällt auf, dass die Debatte um Gleichheit auf Kosten der Freiheit eigentlich eine Diskussion darüber ist, wieviel Macht der Staat haben soll, um seine Bürger zu «schützen», in diesem Fall gleich zu berechtigen und wieviel davon der persönlichen Verantwortung obliegt. Also der altbekannte Konflikt zwischen liberal und autoritär. Schränkt die Quotenregelung also die Freiheit um der vermeintlichen Gleichheit Willen ein? Ja, definitiv. Macht sie das aber nicht wieder durch ihre Vorteile wett? Das hängt davon ab, was man für die richtige Lösung hält: Selbstverantwortung oder staatliches Eingreifen und vor allem, wie sehr einen Einschränkungen der Freiheit beunruhigen.

Ein weiteres Mittel, welches Gleichheit oder Schutz für vermeintlich diskriminierte Gruppen bringen soll, sind die Gesetze gegen Hassrede. Diese sollen, grob formuliert, eine definierte Gruppe von Minoritäten vor Diskriminierung schützen, dazu gehören je nach Land Behinderte, Angehörige einer Religion oder ausländische Ethnien, um nur ein paar zu nennen. Da es hier den Rahmen sprengen würde, die Gesetzeslage der westlichen Welt zu untersuchen, beschränke ich mich auf eine einzelne, prominente Gesetzesänderung. Eine Gesetzesänderung, die stellvertretend für den zunehmenden Aktivismus in diesem Bereich steht und sich durch die Heftigkeit der Diskussionen und der dadurch erlangten Prominenz von anderen Gesetzesänderungen der jüngeren Zeit abhebt: Die Bill C16 in Kanada 2017.

Auf YouTube haben allein die Senatsanhörungen zu diesem Gesetz mehrere Millionen Aufrufe erreicht und in den Kommentarspalten wurden hitzige Diskussionen geführt. Diese Bill C16 besagt, dass Menschen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht nicht identifizieren, erstens: Zu einer definierten Gruppe geschützter Minoritäten, dem «Human Rights Act» hinzugefügt werden, zweitens: Spezifisch im Gesetzescode gegen «Hate Speech», also dem Aufruf zu Genozid oder Verbreitung von Hass, Aufzählung finden und drittens: Im Gesetzescode gegen Hassverbrechen vertreten sind und somit die Strafe, bei Beweis für Hass gegen diese Gruppe als Motiv des Täters, verschärft werden kann. Auf den ersten Blick scheint es keine zwei Meinungen dazu geben zu können. Besonders aber der dritte Absatz ist bei näherer Untersuchung zurecht umstritten. In einem Interview von CBS mit zwei Rechtsexperten wurde nämlich klar, dass schon ein unabsichtliches «Misgendern», also die «falschen» Pronomen einer Transgender Person zu verwenden, nicht mit absoluter Sicherheit ungestraft bliebe. Noch wahrscheinlicher ist eine Bestrafung, von Bussen bis zu Gefängnisaufenthalt reichend, wenn jemand sich bewusst weigert, besagte Personen mit ihren präferierten Pronomen anzusprechen. 

Ein krasser Eingriff in die persönliche Freiheit könnte man meinen. Allerdings ist, seit das Gesetz im Juni 2017 in Kraft trat, keine Verhaftung direkt auf Bill C-16 zurückzuführen. Die Befürchtungen der Gegner haben sich also kaum bewahrheitet, die Sprachpolizei wird eine bloße Wahnvorstellung der Konservativen bleiben, oder? Die Frage ist, wie lange noch.

Zugegeben diese Beispiele sind nur kleiner Teil, aber sie zeigen eine Tendenz, eine Bewegung auf, die an Beliebtheit gewinnt; Die Vorstellung einer neuen Utopie. Eine Utopie, in welcher «unterdrückte» Gruppen hinter Wällen aus neuen Gesetzesbüchern endlich in Sicherheit leben und vor Abartigkeiten wie der Meinungsfreiheit oder Kompetenzhierarchien geschützt, abgeschirmt sind. Gegenstimmen werden friedlich niedergeknüppelt und Gleichheit ist hergestellt. Denn wozu ist der Staat da, wenn nicht um übersensible Gefühlsnaturen auf gesetzlicher Ebene zu schonen?

Exakt solches Denken sieht man vermehrt aufkommen, die Freiheit weicht der Gleichheit, um auf die eigentliche Frage zurückzukommen. Das perfide daran ist jedoch, dass sie nicht schlagartig von ihr verdrängt wird, sondern ihr Zentimeter um Zentimeter zurückweicht. Bill C-16 hat keine Masseninhaftierung zur Folge, sie ist nur der Fuss in der Tür. Die Frauenquote in gewissen Branchen ist noch keine Tyrannei, es macht diese aber Stück für Stück diskutabel. 

Das Gegenmittel zu dieser Tendenz ist die rechtzeitige Erkenntnis, dass Freiheit verletzlich ist und nichts Selbstverständliches. Ebenjene der Gleichheit Willen aufzuopfern hat schon in der Vergangenheit blutig geendet, sei es durch linken oder rechten Totalitarismus. Man darf nicht vergessen, welche Verantwortung jedes Mitglied der Gesellschaft gegenüber ihrem Erhalt hat und dass, obwohl man mit ihr geboren wird, man auch wieder ohne sie sterben kann, wenn man diese Freiheit Zeit seines Lebens nicht als das verteidigt, was sie ist: Das Grundlegendste aller Menschenrechte.

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