Daphne Caruana Galizia

Denkmal für die ermordete maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia auf einem alten Monument in der maltesischen Hauptstadt Valletta, Bild: Paula Oehry

„We live in such a corrupt island, where the abuse of power has been normalized along with abnormal people in public life.” – Daphne Caruana Galizia –

Daphne Caruana Galizia war eine maltesische Journalistin und Bloggerin. Sie wurde am 26. August 1964 in der maltesischen Stadt Sliema geboren und wurde am 16. Oktober 2017 in Bidnija, einer Stadt im Gemeindegebiet von Mosta, durch eine Autobombe getötet. Caruana Galizia war bekannt dafür, heikle Informationen offenzulegen. Im Jahr 1987 begann sie als Journalistin zu arbeiten. Sie schrieb für verschiedene bekannte Zeitschriften unter anderem für Malta independent und verfasste regelmässige Kolumnen für die Sunday Times. Später begann sie als selbständige Bloggerin zu arbeiten und schrieb einen eigenen Blog mit dem Namen Running Commentary, welcher einer der meistgelesenen Blogs in Malta war und teilweise sogar mehr Leser:innen hatte, als die maltesischen Tageszeitungen. Die Inhalte und die Schreibweise ihres Blogs führten mehrmals zu Rechtsstreitigkeiten, da sie ihn in einer sehr direkten Sprache schrieb, was von ihren Gegner:innen häufig als offensiv angesehen wurde. Daphne Caruana Galizia war eine der ersten Personen, welche in ihren Artikeln Kritik am System und an Personen anbrachte. 

 

Panama Papers und andere dunkle Geschäfte

Daphne Caruana Galizia war bei der Auswertung der Panama Papers beteiligt. Sie war die maltesische Partnerin des Netzwerks International Consortium of Investigative Journalists, dessen Aufgaben die Aufdeckung von Machtmissbrauch und Korruption sind. Sie war die erste Person, welche die Beteiligung zweier Politiker aus Malta aufdeckte. Diese zwei Personen waren Keith Schembri, der Kabinettchef des ehemaligen Präsidenten Joseph Muscat, und Konrad Mizzi, der ehemalige Energie- und Tourismusminister. Beide Politiker besassen Briefkastenfirmen in Panama. Yorgen Fenech, einer der reichsten Unternehmer in Malta besass eine geheime Firma mit dem Namen 17 Black, über welche er Schembri und Mizzi täglich mehrere tausend Euro zukommen liess, ohne Kompensationen. Keith Schembri besass unter anderem einen Account bei der maltesischen Pilatus Bank. Caruana Galizia warf der Bank korrupte Zahlungen vor. Sie berichtete unter anderem über Offshore Konten, welche geheime Zahlungen an Politiker:innen und anderen einflussreichen Personen verbergen. Der Pilatus Bank wurde schliesslich die Lizenz entzogen und der Vorsitzende wurde festgenommen.

 

In einigen Fällen, welche Daphne Caruana Galizia untersuchte, waren Schweizer Firmen beteiligt. Kurz vor ihrem Tod betrieb sie Recherche über Öl-Schmuggel in Libyen, bei dem eine Schweizer Firma mit dem Namen Kolmar Group beteiligt war, aber auch libysche Händler und die Sizilianische Mafia. Die Kolmar Group akzeptierte geschmuggeltes Öl aus Libyen, um es auf der See und auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Eine weitere Firma, welche in einem Fall beteiligt war, war die Schweizer Firma Henley & Partners, welche maltesische Pässe und weitere Pässe von Mikrostaaten verkaufte. Diese Pässe wurden meist an Oligarchen, autokratische Multimillionäre aus Russland, China, Afrika und dem Nahen Osten verkauft. In den meisten Fällen, weil sie einen zweiten Pass wollten, ohne dass zu viele Fragen gestellt werden. Bei diesen Geschäften waren unter anderem die Regierungen der verschiedenen Staaten beteiligt. Mit einem maltesischen Pass kann man in jedem Staat der Europäischen Union leben. Der Pass kostet um die 650‘000 Euro, was für einen Normalverdienenden grundsätzlich nicht bezahlbar ist. Mit zusätzlichen Kosten kann der Preis bis nahezu einer Million Euro betragen. Daphne Caruana Galizia hinterfragte diese Geschäfte und wurde Opfer einer Verleumdungsattacke in einer Email-Kette, welche von dem ehemaligen Premierminister Joseph Muscat, dem ehemaligen Kabinettschef Keith Schembri und dem Vorsitzenden von Henley & Partners Christian Kälin ausging.

Caruana Galizia deckte weiterhin korrupte Geschäfte auf und war, und ist immer noch, ein wichtiger Teil des maltesischen Journalismus. Doch gab es auch weniger gute Aspekte, welche Menschen erzürnte. Es kam vor, dass Caruana Galizia Personen und Familien während dem Panama Papers Skandal beschuldigte, obwohl sie keine gründliche Recherche gemacht hatte. Somit wurden Familien zerstört, nur damit später festgestellt werden konnte, dass diese Informationen falsch waren. Des Weiteren beschuldigte sie die Frau von Premierminister Joseph Muscat, Michelle Muscat, in Besitz der Briefkastenfirma Egrant zu sein, was sich als falsch erwies.

Die Folge davon war, dass viele Leute einen gewissen Hass gegen sie entwickelten und ihre Arbeit an Glaubwürdigkeit verlor. 

 

Mord

Daphne Caruana Galizia wurde am 16. Oktober 2017 in Bidnija, in ihrer Heimatstadt 300 Meter entfernt von ihrem Haus, durch eine Autobombe getötet. Es gab zwei Explosionen. Dafür verantwortlich waren mutmaßlich Alfred und George Degiorgio und Vincent Muscat, ein Freund der zwei Brüder, welcher aber nicht mit dem damaligen Premierminister Joseph Muscat verwandt ist. Alle drei wurden 2017 verhaftet, die Brüder Degiorgio bestreiten die Tat noch immer. Sie ersuchen um Begnadigung und besagten, dass sie im Gegenzug Beweise gegenüber der Justiz offenlegen würden. Vincent Muscat gestand die Tat und entschloss sich dazu, mit der Justiz zusammenzuarbeiten und wurde zu 15 Jahren Haft und einer Geldstrafe von über 40‘000 Euro verurteilt. Der Mord war offenbar ein Auftragsmord, welcher von Yorgen Fenech in Auftrag gegeben worden sein sollte, welcher nach zwei Jahren Untersuchungshaft noch immer kein Geständnis abgelegt hat. Zwischen den Degiorgio Brüdern, Vincent Muscat und Caruana Galizia gab es keine früheren Verbindungen.

Daphne Caruana Galizia wurde Tage vor ihrem Tod von den drei Männern, den Brüdern Degiorgio und Vincent Muscat, beobachtet. In der Nacht auf den 16. Oktober 2017 platzierten die drei die Bombe in ihrem Auto. Am nächsten Tag, etwa eine halbe Stunde vor ihrem Tod, wurde sie in ihrer Strasse von Alfred Degiorgio und Vincent Muscat beobachtet, welche in Kontakt mit George Degiorgio standen. George Degiorgio, welcher die Bombe auslöste, befand sich zu dieser Zeit auf einem Fischerboot in der Nähe von der maltesischen Hauptstadt Valletta. Malta ist einer der dichtest besiedelten Orte, daher war das Meer der einzige Ort, an dem er unbeobachtet war. Degiorgio hatte drei verschiedene neugekaufte Mobiltelefone bei sich, sogenannte „Burner phones“. Sein eigenes, ein weiteres „Walkie-Talkie“,  um mit Muscat und seinem Bruder zu kommunizieren und eines, welches die Autobombe durch eine Textnachricht auslöste. Eines der Walkie-Talkies hatte nicht mehr genug Kredit, wodurch er weitere Personen kontaktieren musste. Was alle drei Personen nicht wussten, war, dass George Degiorgio von dem maltesischen Security Service kontrolliert wurde und seine Anrufe aufgenommen werden konnten. Die Daten wurden an die finnische Polizei übermittelt, welche als Weltmeister im Daten lesen gesehen werden können. Somit konnten sie ermitteln, dass sich das Walkie-Talkie auf einem Boot in der Nähe von Valletta befand. Um 14:59 sendete George Degiorgio die Nachricht, welche die Autobombe auslöste. Daphne Caruana Galizia starb bei der zweiten Explosion, im Alter von 53 Jahren.

Am 29. Juli 2021 wurde ein Abschlussbrief veröffentlicht, welcher dem maltesischen Staat die Mitverantwortung an dem Mord zuschreibt. Der Bericht besagt, dass die staatlichen Institutionen eine „Atmosphäre der Straflosigkeit“ geschaffen hätten und dass Daphne Caruana Galizia, trotz Morddrohungen, nicht geschützt wurde. Von dem Beginn des Jahres 2011 bis 2017, vor dem Tod von Caruana Galizia, wurden sechs Autos in die Luft gejagt. Niemand wurde angeklagt oder festgenommen.

Am 19. August 2021 forderte die maltesische Staatsanwalt eine lebenslange Haftstrafe für Yorgen Fenech, welche zwischen 20 und 30 Jahren lang sein sollte. Fenech bestreitet die Tat noch immer. 

Der Mord an dieser Journalistin ist ein Beispiel unter vielen. Jährlich werden hunderte Medienschaffende und Journalist:innen dafür ermordet, dass sie die tatsächliche politische Situation und korrupte Geschäfte in ihren Ländern ans Tageslicht bringen. 

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