Wasserversorgungen, wie diese in Kalifornien, sind für viele eine Selbstverständlichkeit. Bild: Wikipedia

Die Philosophie des Grundrechts

Wie und wann entstand der Gedanke, dass Menschen ein Stück Land besitzen können? Wie wichtig ist das Territorialrecht für die Geschichte der Menschen überhaupt und was können wir daraus lernen?

Wann genau die Menschheit auf die Idee kam, den Boden unter ihren Füssen als Ware zu betrachten, ist unklar. Historiker gehen davon aus, dass es bei den ersten Menschen noch keinen Besitz jeglicher Art gab. Als später der Ackerbau aufkam, wurden die Felder als Gemeinbesitz betrachtet.

Bereits in den Schriften aus Indiens Antike, die teilweise bis 300 v.Chr. zurückzuführen sind, werden die Umstände des Landbesitzes diskutiert. In den erwähnten Texten wird festgelegt, dass ein Stück Land demjenigen gehören soll, der es als Erster nutzbar macht. Dahinter steckt der Gedanke, dass man Land nicht einfach sein Eigen nennen kann, sondern dass Besitz mit Aufwand und Investition verbunden ist.

Wären alle Menschen dieser Ideologie gefolgt, würde unsere Geschichte heute ganz anders aussehen. Kolonialisierungen rund um die Welt hätten zum Beispiel gar nicht oder in viel kleinerem Ausmass stattgefunden. Denn dann hätten sich die westlichen Länder nur dort niederlassen können, wo noch keine Ureinwohner lebten. Ob so ein Zusammenleben der verschiedenen Völker möglich gewesen wäre? Wissen werden wir es nie, aber ein schöner Gedanke ist es allemal.

Doch wie kamen diese Länder auf die Idee, ein anderes Territorium plötzlich zu ihrem Besitz zählen zu wollen?

Bei der Kolonialisierung Amerikas spielten mehrere Gründe eine zentrale Rolle: Zum einen war Europa stark überbevölkert. Es gab zu viele junge Männer und zu wenig Arbeit. Zum anderen herrschte religiöse Unfreiheit und Unterdrückung in mehreren Teilen des Kontinents.

In Zentral- und Südafrika war Europas ‘Depression’ Ende des 19. Jahrhunderts der Grund für die Kolonialisierung. Die Märkte fielen drastisch ab und die Länder sahen eine Möglichkeit, ihre Ware abzusetzen und die negative Handelsbilanz zu umgehen. Investitionen in Afrika waren zudem auch profitabler, weil es dort billigere Arbeitskräfte, weniger Konkurrenz und sehr leicht verfügbare Rohstoffe gab. Britannien, Frankreich und Deutschland kämpften sogar um Schlüsselwasserwege des Suezkanal, weil diese enorm wichtig waren, um lukrative Märkte wie Indien, China oder Ostafrika zu erreichen. 1’000 Jahre zuvor versuchten auch die Wikinger, sich in fremden Gebieten niederzulassen. Ihr Hauptgrund war, dass Länder wie England und Frankreich fruchtbarere Böden boten als ihre skandinavische Heimat. Doch alles in allem hatten alle Eroberer der Weltgeschichte die gleiche Motivation: Sie wollten ihre Macht vergrössern, Güter billiger herstellen und sich durch den Handel eine goldene Nase verdienen.

Eine etwas andere und zugleich doch sehr ähnliche Geschichte ist das Thema der Privatisierung von Grundwasser. Dazu ein kurzer Überblick: Die Befürworter einer solchen Privatisierung argumentieren, dass private Betriebe wirtschaftlicher, also effektiver arbeiten als staatliche Institute. Sie hoffen auf eine Einsparung für die Staatskasse und eine qualitative Verbesserung der Wasserversorgung. Die Gegner einer Privatisierung sagen, dass Wasser ein Menschenrecht sei und dass die Bevölkerung nicht für etwas zahlen müssen sollte, was ihr von Grund auf zusteht. Befürchtet wird, dass ärmeren Teilen der Bevölkerung der Zugang zum Wasser verweigert werden könnte. Im Sommer 2010 erkannte die UNO das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht an. Allerdings wurde dies damals nicht klar vertieft und so haben etliche Firmen wie zum Beispiel Nestlé ein Schlupfloch gefunden. Zur Zeit diskutiert die UNO noch über eine neue Definition und klarere Rahmenbedingungen des besagten Rechtes. Die Frage, die man sich hierbei stellen kann, ist: Kann der Mensch etwas besitzen, dass uns von der Natur vor die Füße gelegt wird? Natürlich, praktisch gesehen können und tun wir es. Aber moralisch gesehen ist es eher eine Grauzone.

Wer darf denn entscheiden, wie teuer Grundwasser ist oder wem wie viel Erde gehört? Wie lässt sich diese Macht rechtfertigen? Und wer erteilt sie einem?

Im Tierreich wird ein Territorium als ein Stück Land beschrieben, dass von einer bestimmten Tierart dominiert, besetzt und gegen Eindringlinge verteidigt wird. Vergleicht man das mit der vorhin erwähnten Definition der Antiken Inder, fällt einem auf, dass es die meisten Kolonialisten wie die Tiere vorgegangen sind und nicht so, wie die Inder sich das vorgestellt hatten. Als die Europäer nach Amerika kamen, dachten sie sich nicht ‘Oh, hier leben Ureinwohner, dieses Land gehört bereits ihnen’. Nein, sie dachten sich ‘Diese Ureinwohner besitzen hier gutes Land, dass sie nicht einmal richtig nutzen. Wir könnten das viel effizienter machen und eine saftigen Gewinn daraus erzielen’. Es ging nicht darum, wer zuerst dort war, es ging einzig und allein darum, wer mehr daraus machen konnte.

Doch in den letzten Jahren kam eine bestimmte Form von sozialem Zusammenleben wieder mehr und mehr auf: Die Sharing Economy. Dabei teilt sich eine Gruppe von Menschen gewisse Dinge, von denen es nicht nötig ist, dass sie jeder Zuhause hat. Das beste Beispiel dafür ist Car- Sharing, das gemeinsame Nutzen von Autos. Oder passend zum Thema Territorium: Geteilte Räume und Grundstücke. Eine Form davon ist das Urban Gardening. Dabei teilt sich eine Siedlung oder eine Genossenschaft einen

Gemeinschaftsgarten und legt Wert darauf, so viele verschiedene Pflanzen-, Früchte- und Gemüsesorten wie möglich anzulegen. So konzentriert, dass eine Person oder eine Familie nur eine bestimmte Pflanze säht und pflegt und sich jeder aus der Gruppe von den anderen nehmen kann, was er braucht. Diese Art von Sharing Economy ist zur Zeit vor allem in England aber auch in den Niederlanden und Belgien sehr stark im Trend. Die Menschheit hat sich im Verlaufe der Zeit zum Thema Landrecht ein paar sehr schlimme Dinge geleistet und es gibt heute noch Dinge, bei denen sich mir die Haare sträuben wie die Privatisierung des Grundwassers. Doch es existieren auch sehr viele gute Ideen und Aktionen, wie wir in der Zukunft mit dem Begriff ‘territorial’ umgehen können. Die Idee des Teilens wird weiter an Präsenz gewinnen und damit steuern wir zumindest in eine sehr gute Richtung.

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