Süss, hat aber keine Konsequenzen für uns. Quelle: Julia Buss, Pexels

Die wahrnehmbare Überdosis, die wir brauchen

Wie immer mehr Kunststoff die Ozeane verschmutzt – und was wir alle dagegen tun können. Unser Plastikkonsum nimmt immer mehr zu. Nur ein kleiner Teil davon wird recycelt und der Grossteil landet in der Natur. Dies hat dramatische Konsequenzen für Mensch und Umwelt.

Das Bild des abgemagerten Eisbären, der einsam auf einer unaufhaltsam schmelzenden Eisscholle sitzt; die Studie, die aufzeigt, dass die globale Durchschnittstemperatur bis im Jahr 2100 um bis zu vier Grad Celsius ansteigen könnte; der Selbsttest des WWFs, der uns analysiert und zeigt, wie unser Verhalten zu diesen Prozessen beiträgt – nichts davon kann uns derart aufrütteln, als dass wir alles stehen und liegen lassen würden, um etwas zu verändern. Wir sind über die Jahre abgestumpft.

Wir haben es gehört, gelesen und immer mehr spüren wir die Klimaveränderungen auch, doch wir Menschen haben unser Verhalten noch nicht angepasst. Wir fliegen, essen Fleisch und konsumieren und konsumieren und konsumieren.

Warum tun wir uns nur so unglaublich schwer mit diesem Thema?

Warum tun wir uns nur so unglaublich schwer mit diesem Thema?

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Im Alltag hängen Aktion und Reaktion eng zusammen, sowohl zeitlich wie auch geografisch. Ursache und Folge sind einfach ersichtlich: Wer die heisse Herdplatte berührt, der verbrennt sich an ihr.

Beim Klima gilt dieses Prinzip nicht. Überspitzt gesagt: Wer die Herdplatte berührt, der hat einige Jahrzehnte später hunderttausende Klimaflüchtlinge an den Grenzen und der Meeresspiegel steigt.

Unsere Intuition ist damit überfordert. Sie kann uns nicht helfen, denn sie ist noch immer in einer vergangenen Welt gefangen, in welcher der Mensch in Gruppen von maximal 150 Individuen lebt. Komplexe Zusammenhänge wie diese sind in einem Kampf mit einem Bären nicht hilfreich. Die Intuition denkt bloss an die Folgen, die uns augenblicklich betreffen. Während dem Flug auf die Malediven machen wir uns Sorgen, ob das Flugzeug sicher landen wird – die Angst, dass sich die Landmasse, auf der das Flugzeug landen sollte, sich unter, statt über dem Meeresspiegel befindet, liegt uns ähnlich fern, wie der Gedanke, dass unser Verhalten genau dies zur Folge haben wird.

Die Folgen des Klimawandels finden weder zur gleichen Zeit noch am gleichen Ort statt, wo sie ausgelöst wurden.

Die Wahrnehmung der Ursachen ist jedoch durch einen wichtigen Faktor zusätzlich erschwert: Unsichtbarkeit. Die Treibhausgase sind nicht russig schwarz, sie stinken nicht und machen nicht durch Geräusche auf sich aufmerksam. Im Alltag unsichtbar werden sie ausgestossen. Der Klimawandel wird erst durch seine Folgen sichtbar, doch was diese ausgelöst hat, bleibt unsichtbar.

Die Folgen des Klimawandels finden weder zur gleichen Zeit noch am gleichen Ort statt, wo sie ausgelöst wurden.

Ein Hoch auf die Hitze

Wir begreifen den Klimawandel nicht, weil wir ihn nicht anfassen, riechen, sehen oder fühlen können – zumindest bis jetzt.

Erst als diesen Sommer viele Menschen unter der ungewöhnlich starken Hitze litten, schien es so, als würden wir endlich beginnen, das Problem ernst zu nehmen. Der Klimawandel wird wahrnehmbar, wir fühlen die Veränderung – das ist die Sprache, die unser Gehirn versteht! Es bleibt zwar fraglich, ob das Interesse für die Veränderungen unseres Klimas gross bleibt, wenn die Temperaturen wieder abnehmen. Doch wenn uns weitere solche Rekordsommer und extreme Wetterereignisse leiden lassen, dann wird diese Barriere der Unwahrnehmbarkeit zumindest ansatzweise durchbrochen. Denn jetzt stehen die Folgen vor der Türe!

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