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Dystopie oder Utopie

Wie werden wir Menschen nach Eintritt der technischen Singularität leben?

Mit der exponentiell wachsenden technologischen Entwicklung und den immer häufiger auftretenden Durchbrüchen in der Forschung gehen Experten davon aus, dass die Singularität, also der Moment, indem eine künstliche Intelligenz (KI) sich selber verbessern kann, etwa 2045 erreicht sein wird. Die Veränderungen, die damit einhergehen könnten, sind noch nicht klar. Experten wie Googles CEO Sundar Pichai behaupten, dass der Schritt zur KI grösser sein wird, als der zu Feuer und Strom.

In unserem Bewusstsein ist die künstliche Intelligenz meistens negativ verankert. In Filmen wie Ex Machina, 2001 oder Matrix stellt sich künstliche Intelligenz oft gegen den Menschen. Dies kommt meistens durch das Hinterfragen der Hierarchie ins Rollen. Tatsächlich gibt es auch heute viele Experten, die sich sehr kritisch gegenüber dieser Entwicklung ausgesprochen haben. Stephen Hawking und Elon Musk haben in den vergangenen Jahren dazu aufgerufen, dass die Gesellschaft und somit auch die Politik, die Gefahren solch einer KI ernstnehmen und bereits heute Gesetzte schaffen, um diese zu kontrollieren, anstatt dieses Thema verspätet anzugehen. Betrachtet man jedoch die heutige politische Lage mit dem Wiederaufkommen von nationalistischen und populistischen Bewegungen in Europa sowie Amerika, ist es eher unwahrscheinlich, dass die westliche Welt in diesem Bereich führend sein wird. Doch diese Entwicklung ist, genau wie die Globalisierung, nicht aufzuhalten und man muss sich die Frage stellen, wie eine Welt aussehen würde, in der die Super-KI existiert.

Lassen wir uns auf ein Gedankenexperiment ein. Wir versetzen uns in die Schweiz im Jahr 2060 und schauen uns zwei Extreme an: Eine KI-Utopie und eine KI-Dystopie.

Szenario 1

Dieses Jahr werde ich 62 Jahre alt. Individuen gibt es nicht, wir alle sind gleich und somit gibt es auch kein Verlangen nach Privatsphäre, alles was wir machen und denken ist offengelegt. Es gibt keine Elite, sondern nur die KI, die “für das Überleben der Menschheit” arbeitet, doch die Menschlichkeit ist komplett verloren. Es gibt Versuche, gegen die Unterdrückung der KI zu kämpfen, doch das macht keinen Sinn und endet nur in einer Gehirnwäsche der Revolutionäre. Krankheiten gibt es nicht, doch genau so wenig gibt es die Freiheit, zu entscheiden. Ich lebe in einem Bunker unter der Erde, weil der Klimawandel die Oberfläche unbewohnbar gemacht hat, und arbeite jeden Tag zehn Stunden.

Ich werde noch weitere 10 Jahre die Erde reinigen müssen, dann habe ich meine Schuld an die Erde zurück gezahlt, meine Verschmutzung rückgängig gemacht und darf endlich sterben.

Wie sind wir hier hingekommen? Diese Frage versuchen sich viele zu beantworten. Am wahrscheinlichsten ist es, dass wir damals, als diese Programme das erste Mal gebraucht worden sind, uns noch überhaupt nicht dafür interessiert und es ignoriert haben. Dies in Verbindung mit den ungeheuren Mengen an Daten, die wir täglich ins Internet schrien ohne uns dabei etwas zu denken. Wahrscheinlich. All dies, obwohl
uns Spezialisten jahrelang davor gewarnt haben.

Szenario 2

Dieses Jahr werde ich 62 Jahre alt. Doch dies spielt in der heutigen Welt keine Rolle mehr, denn ich sehe keinen Tag älter als 25 Jahre aus und kann machen, was ich will.

Ich habe alles, was ich brauche, muss nicht mehr arbeiten. Könnte es aber, wenn ich denn das möchte.

Ich kann die Welt bereisen und ins All fliegen. Ich kann mich in eine Matrix einbetten und dort eine Ewigkeit innerhalb eines Nachmittags erleben und das Universum bereisen. Kriege, Krankheiten und Tod gibt es nicht mehr. Es gibt keine Schere zwischen Arm und Reich, da alle Alles teilen und wir uns auf das konzentrieren können, was wir machen wollen. Aufgrund ihrer Überlegenheit wurde die KI zum Präsidenten der Welt und führt nun eine perfekte Luxusplanwirtschaft.

Wie wir hier hingekommen sind? Nun, eine Offenheit zu Neuem, jedoch ohne Naivität. Es war nicht einfach, es gab viele Skeptiker, doch mit einer Gesellschaft, die informiert und interessiert ist, kann man nicht nur Berge versetzen, sondern diese auch von Grund auf aufbauen. Dies bedeutet keine Angst vor Neuem – doch auch keine Leichtgläubigkeit.

 

Leider, oder Glücklicherweise, ist keines dieser Szenarien auf irgendeine Art und Weise realistisch. Doch sie zeigen etwas sehr genau. Wir können heutzutage die Zukunft nicht vorhersagen. Wenn man 1976 an das Jahr 2018 dachte und sich vorstellte, wie die Zukunft wohl sein würde, dachte man an fliegende Autos, Frieden und Gemeinschaft, stattdessen prägen Fidget Spinner, Hunger & Fettleibigkeit und Nationalismus die Welt.

Wahrscheinlich wird keines dieser Szenarien effektiv eintreten, sondern eine deutlich moderatere Version. Doch auch diese moderate Version darf man nicht unterschätzen.

Es werden ganz neue Probleme aufkommen, neue Fragen, aber auch neue Lösungen und Antworten. Doch diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten, auch wenn man genug Energie aufbringen könnte, um sie zu stoppen.

Diese Szenarien zeigen jedoch noch etwas Anderes, denn es sind die Entscheidungen, Aussagen und Taten die wir heute machen, welche die Zukunft definieren. Dies mag wie ein Klischee klingen, doch in diesem Fall trifft es mehr zu, als man denkt. Im Moment der Singularität gibt die Menschheit, ob sie bereit ist oder nicht, die Schlüssel ab, danach können wir an diesen Programmen nichts mehr ändern. Dies mag einem Angst machen, doch sollte man immer die Lebensverbesserungen bedenken, die unsere Vorfahren erlebten, als sie lernten, das Feuer zu kontrollieren.

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