Laurin Hoppler

Für mehr Menschlichkeit in der Politik

Ein Interview mit Jungpolitiker Laurin Hoppler

“Bin grad bi euch, ei Momänt!”, ertönt es über das gedämpfte Stimmengewirr und Gläserklirren der Mitte. Mit breitem Grinsen, funkelnden Augen und grossen Schritten eilt Laurin Hoppler, Jungpolitiker des Jungen Grünen Bündnis, auf uns zu. Kaum hat der 19-Jährige, welcher zu diesem Zeitpunkt mitten im Wahlkampf steckt, platz genommen, so führt er uns auch bereits wieder weg vom Lärm in einen etwas ruhigeren Raum im Obergeschoss. Der gebürtige Basler legt seine Sachen ab, kommt aber erst zur Ruhe, nachdem er sich bei uns nach allfälligen Wünschen erkundigt hat. Da sitzt er uns nun gegenüber und beginnt ganz locker und freudestrahlend mit uns zu plaudern. 

Wie beschreibst du dich in drei Worten?

Lustig, hilfsbereit und aufgestellt. – Das sind drei sehr positive Wörter, vor allem für deine Mitmenschen. Ambitioniert beispielsweise, könnte sich auch negativ auf andere auswirken. – Ambitioniert fände ich jetzt auch ziemlich nichtssagend, genau so wie innovativ.

 

Woher kommt das Verantwortungsgefühl einen solchen Posten übernehmen zu wollen?

Ich habe das Gefühl, es liegt mir Verantwortung zu übernehmen, ohne jetzt arrogant wirken zu wollen. Ich sehe, viele würden gerne, aber können es nicht oder haben nicht den Mut dazu. Und ich habe mir diesen Mut genommen und möchte auch zeigen, dass es gar nicht so viel braucht um etwas zu machen und man diesen Mut auch gerne haben darf, dass man ihn benötigt, wenn man etwas verändern will. Von zu Hause auf dem Sofa wird das nicht gelingen, aber ob das jetzt auf die Strasse gehen, aktiv Menschen helfen oder wie bei mir ein Amt in der Politik ist, spielt keine Rolle.

 

Wie war deine Schulzeit?

Ich ging in die Steinerschule und dort lebt man schon ziemlich in einer Bubble. Das ist jedes Umfeld, doch an der Steinerschule ist es noch etwas extremer. Ich war ein sehr aktives Kind. Meine Lehrer meinten immer zu mir, ich müsste nach einer Stunde Schule direkt drei in den Wald rennen gehen, bevor ich wieder bereit für vielleicht noch eine halbe Stunde wäre. Und ich habe ziemlich darunter gelitten, dass immer das als Feedback kam. Der Vorteil an der Steinerschule war dabei, dass ich sehr viel Zeit hatte es zu lernen. In einer normalen Schule wäre ich vielleicht schneller geflogen. Zwölf Jahre in der gleichen Klasse bringen einige prägende Freundschaften, aber man muss auch lernen, so lange Zeit mit Menschen zusammen zu leben, die man vielleicht nicht mag. Man entwickelt viele soziale Fähigkeiten.

Hast du auch Kritik an der Steinerschule?

Ein Kritikpunkt ist sicher, dass ich in diesen zwölf Jahren sehr wenig über die Anthroposophie an sich gelernt habe. Ich habe sie gelebt oder zumindest vorgelebt bekommen, aber wir haben nie die Geschichte dazu durchgenommen. Ich habe mich dann erst im Nachhinein damit auseinandergesetzt und stehe dem mittlerweile in gewissen Punkten doch auch recht kritisch gegenüber. Nach der Zeit an der Steinerschule war ich mit sehr vielen Klischees konfrontiert und habe durch den daraus entstehenden Dialog begonnen mir Gedanken darüber zu machen, wieso bestimmte Dinge bei mir anders waren als bei Kollegen.

Was man auch kritisieren kann, mir half die Steinerschule, doch einem sehr leistungsstarken Schüler wird vermutlich schnell langweilig. Dabei gibt es den Versuch, dass diejenigen dann anderen helfen, aber dass funktioniert auch nicht immer, sondern nur wenn bestimmte Gegebenheiten stimmen.

 

War und/oder ist die Arbeit in der Mitte eine Inspirationsquelle für dich?

Ja schon, ich erhalte dadurch einen sehr breiten Einblick in die Bevölkerung, habe sowohl mit Bänkern als auch Mittellosen zu tun. Das kann sehr interessant sein, da man an einem etwas weniger stressigen Tag mit den Menschen ins Gespräch kommt. Es ist definitiv ein gutes Umfeld um die Gesellschaft, aber auch Leute selbst kennenzulernen und zu bedienen… ihnen damit etwas Gutes zu tun, ist für mich eine grosse Bereicherung. Sich die Mühe zu geben, auch wenn nur für einen Espresso, um jemandem den Tag besser zu machen, ist für mich als feinfühliger Mensch aber auch eine Herausforderung, denn es kommen Menschen mit den unterschiedlichsten Stimmungen herein. Für mich ist es oft schwierig, mich davon abzugrenzen und ich laufe auch öfters Gefahr, diese Stimmungen zu übernehmen. Die Mitte ist bis heute ein gutes Übungsfeld, um zu lernen mich abzugrenzen.

Deine Lieblingsbücher handeln von starken Frauen, was hat es damit auf sich?

Ich habe sicher starke Frauen in meinem Umfeld, die ich auch im Hintergrund spüre. Vorallem meine Tante ist für mich eine starke Frau. Sie war im Zirkus, ist sehr taff, kann sehr viel und hat auch extrem viel Energie. Aber das hat nicht unbedingt damit zu tun, dass mich diese Geschichten so faszinieren. “Die Rote Zora” und “Pippi Langstrumpf” sind Kinderbücher, die einen so zum ersten Mal an Probleme heranführen oder mehr noch aufzeigen, dass es auch anders geht. Ich möchte nicht nur von einer besseren Welt träumen, sondern auch dafür sorgen, dass wir das irgendwie erreichen, auch wenn es utopisch ist.

 

Was und wann war der Anlass für dich in die Politik zu gehen?

Politisiert wurde ich schon in meiner Kindheit, dadurch dass ich viel in der Natur war und sie wertzuschätzen lernte. Die erste grosse Sache in meiner Politisierung war die Flüchtlingskrise 2015-2017, als ich anfing Medien zu konsumieren und mich aktiv über das Weltgeschehen zu informieren. Mein Interesse stieg und ich war natürlich auch geschockt von den Bilder, deshalb begann ich auch damit, in der Schule im kleinen Rahmen etwas zu unternehmen. In einer kleinen Gruppe sammelten wir Spenden und brachten vor Weihnachten Essenssäcke ins Flüchtlingsheim in Münchenstein. Dadurch entstand ein Dialog mit den Menschen dort und wir hatten auch danach noch öfter Kontakt, was für mich sehr eindrücklich war. Danach ging ich auf die Suche nach einem Ort, an dem ich mich engagieren konnte, fand aber lang nicht das Passende für mich. Ich war im Jungen Rat, habe dort parteineutrale Politik betrieben und vor allem gelernt, mit wenig Mitteln grosse Dinge auf die Beine zu stellen.

 

Medien spielten eine Rolle bei deiner Politisierung. Welche Medien nutzt du?

Ich informiere mich schon recht breit, wobei das SRF einen grossen Stellenwert hat. Aber ich bin sicherlich keine Person die etwas sofort glaubt, wenn sie es liest. 

Wir hatten früher die Tageswoche zu Hause, in der ich dann viel las und dort schliesslich auch ein Praktikum absolvierte. Dann hatte ich auch mal eine SRF Arena-Phase, wobei ich sie mittlerweile schrecklich finde.

 

Was interessierte dich damals an der Arena und stört dich mittlerweile?

Für Abstimmungen konnte man sich sehr gut ein Bild machen. Man bekam beide Seiten mal aufgezeigt, auch wenn diese sich gegenseitig nicht zuhörten. Was mich daran stört, ist dass man sich in der Arena nicht zuhört. Es geht nur darum, davor ein gutes Briefing zu erhalten und danach zwei Messages möglichst oft zu platzieren. Das ist für mich keine politische Diskussion und das finde ich schade. Und wenn jemand es anders machen will, dann geht er direkt unter, weil ihm andauernd ins Wort gefallen wird.

 

“Der Klimawandel ist keine Krise.” Deine Haltung?

Ich kann einfach nicht verstehen, dass man immer noch so denkt. Man liest es ja und die Wissenschaft sagt es. Bei Corona glaubt man ja auch der Wissenschaft. – Aber emotional, wie würdest du reagieren, wenn jemand zu dir käme und dir ernsthaft sagt, dass der Klimawandel kein Problem ist? – (langes Überlegen) Es nervt mich. Ist das eine Emotion?

 

Wo liegt die Effektivität des Klimastreiks und wie legitimiert er das Schulschwänzen?

Die Frage hab ich schon oft gehört und ich finde sie immer wieder schwierig. Ich glaube, wenn Jugendliche oder junge Erwachsene von der Gesellschaft gehört werden wollen, dann müssen sie etwas machen, dass Aufmerksamkeit erregt. In diesem Fall war es das Schulschwänzen und das legitimiert es schlussendlich. Ich glaube, die Effektivität liegt bei solchen Bewegungen immer darin, dass es eine Diskussion anstösst, die dann Druck auf die Politik macht. Das ist jetzt so die typische Antwort. Ich glaube halt, dass der Diskussionspunkt verschoben wird. Das bedeutet, dass Leute, die davor kein Problem darin sahen, jetzt immer mehr in Richtung Klimaschutz rücken, weil sie merken, dass sie darauf reagieren müssen. Und plötzlich wird das Ziel von 2050 realistischer und man versucht es anzustreben. Vorher war es nur ein Vertrag, an den sich vermutlich niemand hätte halten müssen, hätte es unsere Bewegung nicht gegeben.

Jetzt ist der Druck da, dass man sich dran halten muss und durch unsere Forderung der Klimaneutralität bis 2030, die viele als extrem ansehen, wird das Ziel 2050 wieder realistischer… und irgendwie, okay, dann machen wir halt das. 

 

Aber es war ja ein Vertrag, den viele Länder unterschrieben haben. Hat es dich nicht sehr enttäuscht, dass FFF (Fridays For Future) Druck machen musste, damit dieser Vertrag durchgesetzt wird?

Ja, doch natürlich, aber schlussendlich ist das halt internationale Politik, dass es viele solche Verträge und Abkommen gibt, die an keine Konsequenzen gebunden sind. Von daher sind das auch Alibiverträge, bei denen man sich Ziele setzt, die dann keinen wirklich interessieren. Man kann sich dann aber ein paar Jahre lang sagen, man hat diese Ziele und macht da ein bisschen etwas. – Ist das dein Bild von Politk? – Von der internationalen Politik sicher. Gerade wenn es um Klimapolitik geht. In der Schweiz ist es nicht so extrem, aber auch nicht viel besser.. Ich seh das glaube ich ziemlich realistisch. Politik ist halt langsam, aber ich glaube es bringt nichts, wenn in der Politik Leute sind, die sagen, Politik sei halt langsam. Sondern es braucht Leute, die sagen, dass es möglichst schnell vorwärts gehen muss. Für das stehe ich ein. – Siehst du das nicht auch kritisch? Denn eine langsame Politik bewirkt doch auch, dass man in kein Extrem kommt? – Ja, das ist sicher so, aber in der Schweiz ist es einfach zu langsam. Es kann nicht sein, dass du ein Thema behandelst und dann gibt es da die inoffizielle “goldene”  Regel, dass wenn es nicht durchkommt, es zehn Jahre dauert bis man wieder darüber diskutieren kann. Das ist für mich zu langsam. Das kann nicht sein. Gerade bei so aktuellen Themen, wo man schnell handeln muss. Und an der Coronakrise hat man ja gesehen, dass man schnell handeln kann. Ja, dort hat man gesehen, dass wenn man schnell handelt, es auch extrem wurde, aber ich glaube man muss einen Mittelweg finden. Das ist natürlich auch ein wunderschöner inhaltsloser Satz. Typisch Politiker.

 

Im Mai 2020 sind du und vier Kollegen auf die Mittlere Brücke und habt ein Transparent gegen die Milliardenhilfe für SWISS aufgehängt. Auf der einen Seite ist das Billigfliegen, was keine Frage ist, ein riesen Problem und auf der anderen Seite war die SWISS ein gesundes Unternehmen, das tausende Menschen während der Pandemie nach Hause geholt hat und die Schutzausrüstung importiert hat. Man muss doch schon darüber nachdenken, dass ein Flugkonzern nicht einfach nur ein sinnloser Umweltverpester ist, oder?

Das ist natürlich so. Ein Flugkonzern ist massgeblich für unseren Luxus und in diesem Fall für unsere Gesundheit zuständig. Was wir kritisiert haben, war das “Too big to fail”- Prinzip, was man auch schon bei Banken gesehen hat. Dass der Staat Beträge in Milliardenhöhe ausspricht, um Sachen zu retten, die zwar wichtig sind aber; wenn so viel Geld ausgegeben wird und das Volk nichts dazu sagen kann, sondern ein paar Leute darüber entscheiden, hinterfrage ich das. Mich stört, dass keine Diskussion stattgefunden hat. Ich hätte mir sicher einen kleineren Betrag gewünscht und vor allem, dass das Parlament es nicht einfach so durchwinkt. Klar, die Situation hat die Diskussion auch nicht stattfinden lassen, aber es ist mir zu schnell gegangen.. – Also da ging es dir zu schnell? –

Ja, vor allem weil es um so viel Geld ging. Du kannst das Geld nur einmal ausgeben und wenn du es dann einfach so weggibst… (Er muss lachen) Ja, das ist ein bisschen ein Widerspruch zu meiner vorherigen Aussage. Aber dort ging es mir einfach zu schnell. – Und wie siehst du das bei der Klimakrise? – Auch dort muss man kritisch hinterfragen, ob das Geld dann richtig investiert ist. Auch dort gibt es Sachen die umstritten sind, wie zum Beispiel Elektroautos. Es ist für mich klar, dort muss man genauso einen Diskurs führen. 

 

“Klimaschutz verbunden mit Sozialstaat ist finanziell unmöglich.” Deine Haltung?

Doch, ich glaube das ist möglich. Vor allem wenn man versucht gegen die Schere zwischen Arm und Reich anzukämpfen.

 

Wie willst du da konkret vorgehen? Denn wichtige Wirtschaftssektoren, die auch Steuern einzahlen, werden in einer klimafreundlichen Welt keinen Platz haben. Was wiederum den Staat viel Steuergelder kosten könnte, die benötigt werden, um einen ausgebauten Sozialstaat finanzieren zu können. 

Man nennt das ja auch Klimagerechtigkeit. Ich bin grundsätzlich dagegen, Klimaschutz zu betreiben, wenn es einige Leute wirklich hart trifft. Ich bin aber wirklich optimistisch, dass man das schaffen kann. Man muss, das finde ich auch, gerecht verteilen. Sei es, dass die Leute, die mehr austossen, weil sie im Besitz einer Firma sind, die massive Schäden verursacht, auch viel mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Das wäre für mich gerecht. – Es kommt dann ja auch schnell der Vorwurf, dass diese Firmen dann ins Ausland gehen. – Das ist sicher ein Problem, aber schlussendlich ist diese Klimakrise eine globale Angelegenheit. Wenn die Schweiz alles super macht, dann ist das super, aber wir sind auch auf andere Staaten angewiesen. Wir können es erst vorzeigen und dann müssen wir auch andere Staaten unterstützen, gerade solche, denen Mittel dafür fehlen. Das ist für mich auch eine Frage des internationalen Zusammenhalts.

 

Hast du vor, wenn du in die Basler Regierung kommst, mit Partnerstädten zu arbeiten?

Ja, das finde ich etwas Interessantes, gerade weil wir am Dreiländereck sind. Es ist aber auch nicht immer einfach, weil alle ein anderes System haben. Ich finde das Recycling ist immer so ein tolles Beispiel: In Basel ist es schon anders als in Allschwil und in St. Louis ist es nochmal ganz anders, aber auch in vier verschiedenen Gemeinden wieder unterschiedlich und in Deutschland haben sie auch ihr eigenes System. Da müsste man erreichen, dass weniger in Ländern und mehr in Regionen gedacht wird. Egal ob Grenzen dazwischen liegen.

 

Laurin Hoppler

Wann kam dein Schritt in die parlamentarische Politik?

Nachdem ich letzten Sommer die Schule abgeschlossen habe, war ich auch kein “Schulstreiker” mehr und ich hatte das Gefühl mir fehlte die Glaubwürdigkeit bei FFF. Für mich war aber klar, dass es weitergehen muss. Ich wollte weiterhin beim Klimastreik aktiv sein, aber ich wollte auch, dass die jungen Menschen mehr Verantwortung übernehmen können. So war der Weg in die Politik für mich der nächste Schritt.

Was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Organisation eines Klimastreiks und eines Wahlkampfes?

Beim Wahlkampf war ich größtenteils alleine. Natürlich haben mir meine Familie und meine Freunde sehr geholfen, aber das war sicher ein grosser Unterschied. Im Klimastreik waren es viele Menschen, die zusammengearbeitet haben und wenn man die Routine hat, bekommt man schnell einen Streik organisiert. Boxen, Ablauf, Bewilligung und dann mobilisieren. Eine Kampagne zu leiten ist etwas ganz anderes. Alles ist neu, ich habe keine Ahnung was effektiv ist und was nicht. Man hat irgendwie auch keine Freiheit. Man muss Plakate aufhängen, man muss Flyer verteilen. Etwas was mir zum Beispiel extrem unangenehm ist, auch wenn man das vielleicht nicht denkt. Ich finde es schwierig und unangenehm, dass mein Gesicht mit meinem Namen überall herumhängt. Ich stehe schon auch gerne im Mittelpunkt, das streite ich nicht ab, aber ich glaube mein grösstes Problem ist diese Vermarktung des eigenen Gesichtes und Namens. Wenn man sich anschaut, um was es vielen bei der Wahl geht, ist meist nicht der Inhalt im Vordergrund, sondern es geht darum, wie sieht er aus, wie er heisst und ob ich ihn oft genug gesehen habe. Das muss ich lernen und dann halt auch einfach mitziehen. Denn das System ist momentan noch so, tja. 

 

Wie hast du deinen Wahlkampf finanziert?

Ich habe ein Fundraising über wemakeit.ch gemacht und dort 3000.- gesammelt und diese auch in recht kurzer Zeit gehabt. Das hat dann alles gedeckt. – Das ist aber ein ziemlich günstiger Wahlkampf oder? – Ja, das stimmt. Ich hatte viele Freunde, die mir sehr geholfen haben und das alles gratis gemacht haben. Und Flyer sind inzwischen sehr billig. Ich habe 1.500.- gezahlt für 25’000 Flyer. So blieb ziemlich viel Geld für Onlinewerbung übrig. Es steht aber natürlich in keinem Verhältnis zu Kandidaten, die 70’000 zur Verfügung haben. Das ist dann allerdings auch für den Regierungsrat, aber trotzdem.

Vorher hast du erwähnt, dass es dir schwerfällt, dich von Emotionen Anderer abzugrenzen. Wie gehst du damit um?

Ich hab da schon so meine Methoden, aber ich bin noch nicht wirklich gut darin und ich merke immer wieder, dass ich es wirklich noch lernen muss.

Im Klimastreik war es so, dass sich ein grosser Teil der ganz Aktiven einfach ausgebrannt hat. Man hat ein Jahr lang nur das gemacht und du hattest die ganze Zeit tausende Nachrichten und hattest immer etwas zu tun. Dort telefonieren, dies und das noch machen. Es hat total viel Energie gegeben, weil es diesen Teamgeist gab, aber man hat sich eben auch ausgebrannt, sodass ich irgendwann so ein Klimastreik-Burnout gehabt habe. Da musste ich einfach mal zwei Monate Pause machen und mich distanzieren, damit ich wieder den Umgang mit mir selber finden konnte. Beim Wahlkampf war es etwas anderes, weil es kürzer war und ich genug früh angefangen habe. Es gab diesen ständigen Zeitdruck nicht. Trotzdem ist es immer eine Herausforderung für mich, auf mich zu achten. Da hilft mir Zeit mit Freunden zu verbringen am meisten. – Kannst du dich dann aber auch in schwierigen Momenten zurückziehen? – Ja, eigentlich schon und ich merke auch, wenn ich es bräuchte, aber ich mache es einfach zu wenig. Ganz abschalten und einfach nur so sein.

 

Du kommst aus dem Aktivismus in die Politik. Viele Erwartungen hängen an deiner Wahl und du willst viel erreichen. Wie geht es dir mit diesem Druck?

Ich habe saumässig Angst davor. Ich habe es letztens gemerkt, als ich am Klimastreik in Basel war. Dort waren alle, die die Institution anprangern, in die ich jetzt gehen will. Ich habe Angst die Akzeptanz der Bewegung zu verlieren, denn ich möchte mich dort weiterhin einbringen, auch während ich Politik mache. Ich finde, das eine schliesst das andere nicht aus. Den Druck, den spüre ich schon jetzt. Zum Beispiel wenn ich so Fragen gefragt werde. Ja, dieser Druck, der macht mir Angst und ich glaube, der wird mich auch noch ziemlich herausfordern. Ich werde damit umgehen müssen und mich auch ein Stück weit abgrenzen müssen, wenn eine parlamentarische Entscheidung nicht in meinem Sinne gefällt wird. Ich glaube, ich versuche es einfach immer möglichst gut zu machen, ob es mir gelingt, steht in den Sternen. 

 

Was verbindet dich mit Basel?

Ich bin nicht der typische Fasnächtler. Aber ich kann es mir nicht vorstellen hier jemals wegzugehen, weil ich jede Ecken dieser Stadt interessant finde. Es ist das Gefühl von Heimat und für mich sind Heimatgefühle sehr wichtig, um mich wohlzufühlen. Ich versuche, Basel immer wieder aus der Sicht eines Touristen anzusehen und dafür sind wir schon eine recht schöne Stadt, wir haben alles und es ist weder zu gross noch zu klein.

 

Was ist deine Vision für Basel?

Mich fasziniert der Süden, im Süden haben die Menschen einen viel näheren Umgang. Mit Nachbarn, aber auch mit den Menschen auf der Strasse, man sagt sich “Hallo” und das ist meiner Meinung nach ein Problem, dass das in der Schweiz nicht vorhanden ist. Ich würde mir das mehr wünschen und man könnte es zum Beispiel mit Projekten fördern, die Generationen durchmischen und bei denen man sich auf der Strasse begegnet. Das ist auch ein Grund, weshalb ich in der Mitte arbeite, da es auch ein Ort ist, der das möglich macht.

Und ganz utopisch träume ich natürlich schon immer davon, dass die Strassen mehr umgenutzt werden und gerade in den Quartierstrassen keine Autos mehr fahren… und sich die Menschen diese wieder zurückerobern und Dinge tun, wobei man sich begegnen kann.

 

“Leute aus der Steinerschule sind eh nur abgespackte Alternative.” Deine Haltung?

(Grinst und beginnt zu lachen) Ja, das ist ein gutes Klischee. Ich glaube das Klischee bestätigt sich auch immer wieder mal, aber was ist schon so schlimm dran?

 

Uns hat das Gespräch mit Laurin gefallen und auch in der Bevölkerung kam er sehr gut an. Er wurde am 25.10.2020 mit 3583 Stimmen aus Grossbasel West erfolgreich in den Grossen Rat gewählt. Wir gratulieren herzlich und sind schon gespannt, was wir noch alles vom neuen Grossratsmitglied Laurin Hoppler hören werden. 

 

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