Illustration: Filomena Gallay

Gedanken zu Kopfsache

Unser Kopf, unsere Gedanken sind zu mehr fähig, als wir glauben. Was spielt sich alles ab in dieser Welt, von der wir noch so wenig wissen und doch so stark beeinflusst werden? Wir denken, um unseren Weg in der Gesellschaft zu finden, um Lösungen zu erarbeiten für Probleme, die wir uns selber erdachten. Konstrukte aus unserem Kopf, losgelöst von jeglicher Vernunft sollen Wirklichkeit werden. Dieses unbändige Verlangen versuchen wir zu stillen, Wege, um aus dem Unmöglichen das Mögliche zu machen, zu ersinnen. Ein Gedanke, ein Satz ohne Bedeutung, doch nimmt er nach und nach die Gestalt der Vorstellung an –  mit Relevanz. Er beeinflusst unsere Sicht auf die Welt und bestimmt über die Art des Schicksals, das wir wählen.

Wir leben mit Hilfe und grösstenteils in unserem Kopf, in welchem wir die Weichen stellen für unser Leben. Hier treffen wir aktiv wichtige Entscheidungen, die unseren Lebensweg betreffen. Doch machen wir noch viel mehr. Denn was uns geschieht, ist nicht nur durch äussere Umstände bedingt, sondern kommt auch darauf an, wie wir die Welt sehen. Wir nehmen wahr mit unseren Sinnen; Augen, Ohren, Nase, Mund und Haut. Wir nehmen auf, was rund um uns geschieht, doch ist es unser Kopf, der diese Informationen filtert. So werden wir nicht selten Opfer unserer eigenen Zensur. Diese beginnt schon bei den Gedanken, welche den Fokus unserer Sicht auf die Welt bestimmen. Gehst du davon aus, dir wird Positives widerfahren, so suchst du geradezu nach all den Dingen, welche dies bestätigen; du achtest dich, lässt diese Umstände zu dir vordringen. Du nutzt deine Vorstellungskraft, um dir Lösungen für Probleme zurecht zu legen. Doch das funktioniert nur aufgrund deiner Überzeugung, dem Treibstoff Motivation, welcher uns vor zu schnellem Aufgeben schützt, beim wieder aufstehen hilft und uns die Kraft, den Mut gibt, unsere Ängste zu überwinden. Bist du davon überzeugt, es geschehe dir Negatives, so wird dies in der exakt selben Situation zutreffen, da dein Gehirn sich die Gegebenheiten so zurechtlegt, dass sie das “gewünschte” Bild ergeben. Wir haben den Drang Recht zu behalten; versuchen nie unsere eigenen Thesen zu widerlegen, sondern nur die der anderen. So besitzt jeder seine eigene Wahrheit, welche durch die in seinem Kopf gespeicherten Gedankengänge und tief verankerten Glaubenssätze bestimmt und auf alles in seinem Leben angewandt wird. Wie diese Wahrheit aussieht, hat somit auch Einfluss auf unseren Erfolg, denn sie bestimmt nicht nur welche Chancen wir erkennen, sondern auch grundsätzlich, was wir als Erfolg empfinden. Die Methoden, der Weg, das Ziel, die Beurteilung, das gesamte Konstrukt jeglicher Erfüllung, welche über die tierischen Instinkte des Überlebens hinausgehen, sind Kopfsache. 

Illustration: Angelica Bebimg

Auch unsere Emotionen beruhen auf Vernetzung verschiedener Gedanken; einer Kettenreaktion verschiedener Erinnerungen und Schlussfolgerungen. Eine Gedankenkette, die einmal ins Rollen gebracht, ein Eigenleben mit gewaltiger Macht entwickelt. Sie lässt uns Schmerzen vergessen, um unmöglich Scheinendes zu erreichen, aber lässt uns auch gewaltige Ängste empfinden, die uns lähmen. Auch wenn sie oftmals ein unerwünschtes Hindernis darstellen, welches uns das Leben unnötig schwer zu machen scheinen, so haben sie im Grunde doch eine wichtige Aufgabe als Schutzmechanismus. Wir müssen lernen abzuschätzen, wann dieser Schutz von Nöten ist und wann er doch nur auf unseren eigenen verzerrten Wahrnehmungen beruht. Beginnen wir nicht, uns aktiv mit diesen Gedankenabläufen in unseren Köpfen zu beschäftigen, so werden wir unser Leben lang das Opfer unser eigener Zensur bleiben. Doch gelingt es uns auch nur hinter einige wenige, aber massgebliche Prozesse zu kommen, so können wir unser Leben vereinfachen, ohne dass sich für irgendjemand anderen etwas verändert.

Wir alleine haben es in der Hand, wie wir die Welt betrachten, worin unsere Wahrheit besteht. Wir sind diejenigen, die entscheiden, ein Opfer zu sein oder nicht; darauf hat keine einzige andere Person einen Einfluss - ausser wir selbst.

Wir alleine haben es in der Hand, wie wir die Welt betrachten, worin unsere Wahrheit besteht. Wir sind diejenigen, die entscheiden, ein Opfer zu sein oder nicht; darauf hat keine einzige andere Person einen Einfluss – ausser wir selbst.

Natürlich haben physische Gegebenheiten einen Einfluss auf unser Leben, doch besteht eine Wechselwirkung zwischen Physis und Psyche. Erbringen wir körperliche Leistungen, so kann das sowohl positive, als auch negative Effekte auf unsere Psyche haben. Es kann die ersehnte Erholung, das Abbauen von Stress, aber auch eine zusätzliche Belastung, das Aufbrauchen der so dringend benötigten Kraftreserven, darstellen. Doch gilt das auch umgekehrt, unsere Psyche hat mehr als nur geringen Einfluss auf unseren physischen Körper. So kann es von der Schwächung des Immunsystems über die Störung verschiedener Stoffwechselfunktionen bis hin zu physischen Schmerzen mit psychologischer Ursache jegliches Ausmass annehmen. Man sieht unserem Körper unser psychisches Wohlbefinden an. Geht es uns gut, ist unsere Haltung aufrechter, unser Hautbild ebenmässiger, wir haben einen fitteren Körper, mehr Energie etc. Es ist anzumerken, dass in beide Richtungen nicht gezwungenermassen eine Abhängigkeit besteht, da diese Dinge von weitaus mehr als nur einem Faktor abhängig sind; es handelt sich um eine Tendenz.  

 

Illustration: Angelica Bebing

Auch wenn sehr viele psychische Erkrankungen mittlerweile anerkannt werden, so werden es psychische Probleme gesellschaftlich noch lange nicht; sie sind – wenn auch kein absolutes Tabu – ein Umstand, über den kaum gesprochen wird. Andere, aber meist auch wir selbst, nehmen sie erst ernst, wenn wir dazu gezwungen werden. Ohne offensichtlichen Grund, der totalen Erschöpfung unseres Körpers, die uns hindert, sind wir davon überzeugt, wir müssten weitermachen, als wäre nichts; auch wenn wir merken, dass etwas nicht stimmt. Die Gesundheit des physischen Körpers hat einen weitaus höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft, als jene der Psyche. Wann werden wir endlich beginnen unsere gesamte Gesundheit ernst zu nehmen? Darauf zu achten, unserem Geist die Abwechslung zu geben, die er braucht, um fit zu bleiben. Aber unserer Psyche auch die Ruhe zu gönnen, die sie benötigt, um uns durchs Leben zu tragen. Geben wir nicht auf sie Acht, so ist ein erfülltes Leben so gut wie unmöglich. Dass unsere Psyche ein weitaus komplexeres und individuelleres Umfeld als die herkömmliche Medizin darstellt, ist die eine Schwierigkeit. Dass der Patient seine Behandlung selbst durchführen muss und dabei von aussen lediglich Anregungen erhalten kann, eine andere. Dazu kommt, dass in sehr vielen psychischen Problemen ein Mechanismus “eingewoben” ist, der es uns unmöglich macht, sie zu erkennen oder aber sie als belanglos einstufen lässt, während der Patient jedoch meist der einzige ist, der überhaupt bemerken kann, dass er ein Problem hat.

Wir sind nicht darauf trainiert, Eindrücke zu verarbeiten, sondern darauf, sie als Anreiz für Gedankengebilde zu verwenden; in imaginären Welten Schlüsse für unser eigentliches Leben zu ziehen, anstatt unser Leben in all seinen Facetten wahrzunehmen. 

Das eigentliche Innehalten um zu erleben, was in unserem physischen Leben wirklich geschieht, ist weitgehend verloren gegangen. Doch ist es langfristig etwas Notwendiges, um inneren Frieden zu finden. Nicht erstaunlich, dass immer mehr Trends wie beispielsweise Meditation oder Yoga verbreitet sind, die uns zurück in diese Richtung führen. Doch der erste Schritt ist es, darüber zu sprechen. Je offener wir mit dem Thema Psyche umgehen und je mehr wir mit- und voneinander lernen, desto besser werden wir für uns sorgen. Werde Achtsam, sowohl was die Welt deiner Psyche, als auch deine Umwelt angeht.

Aktuelle Artikel

...
Mehr Artikel
laden