Alt-Grossrats-präsident und Nationalrats-kandidat Christian Egeler

Interview mit Christian Egeler

Sie wollten für Basel-Stadt in den Nationalrat, jetzt hat die FDP 3.8 Prozentpunkte verloren. Wie konnte das passieren?

Das ist natürlich schade. Das liberale Lager hat aber nicht verloren: die LDP konnte Wählerinnen und Wähler gewinnen, die der FDP verloren gingen. Inhaltlich unterscheiden wir uns nicht wahnsinnig von der LDP, aber sie hatten einen Bisherigen, der gut ankam. Tendenziell ist die LDP konservativer als die FDP.

Sie wollten für Basel-Stadt in den Nationalrat, jetzt hat die FDP 3.8 Prozentpunkte verloren. Wie konnte das passieren?

Das ist natürlich schade. Das liberale Lager hat aber nicht verloren: die LDP konnte Wählerinnen und Wähler gewinnen, die der FDP verloren gingen. Inhaltlich unterscheiden wir uns nicht wahnsinnig von der LDP, aber sie hatten einen Bisherigen, der gut ankam. Tendenziell ist die LDP konservativer als die FDP.

Wenn wir gerade vom Sitzgewinn sprechen, ich möchte Sie auf ein Zitat von nun Alt Nationalrat Sebastian Frehner ansprechen. In einem Interview mit der bz sagte der ehemalige SVP- Nationalrat: «Die Strategie der FDP war desaströs. Mit einer Listenverbindung hätten wir ziemlich sicher wenigstens einen Sitz retten können.»

Nein, die Listenverbindung hat funktioniert. Wir haben einen zweiten Sitz geholt: den der Grünliberalen. Das ging allerdings nicht wie erwartet auf Kosten des Grünen Bündnisses, sondern auf Kosten der SVP. Mir persönlich ist die GLP näher als eine SVP, deshalb kann ich dieser Aussage nicht zustimmen.

Die FDP hat im Juni 2019 einen Kurswechsel im Bereich Klimapolitik vorgenommen. Manche Politiker der FDP sind weiterhin gegen die Klimawende. Verlieren Sie durch diese Kurswende nicht an Profil?

Das war innerparteilich eine grosse Diskussion, ob man durch die Wende viele Wählerinnen und Wähler verliert. Meiner Meinung nach hätte man diesen “Klimakurs“ schon viel früher einschlagen müssen. Bei vielen musste jedoch die Wahrnehmung noch reifen. Jetzt hat die Parteileitung entschieden, dass die Zeit reif ist und man nicht länger wegschauen kann. Die FDP ist in diesem Thema aber immer noch gespalten.

Auch in Basel gibt es die Klimademonstrationen und Personen, die mit Schildern «FDP – fuck the planet» polarisieren. Tut das ihrem – für einen FDP Politiker – grünen Herzen nicht weh?

Doch, klar tut es das. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass Klima mit Profit geht. Wir profitieren durch das Herstellen von ökologischen Produkten. Da besteht kein Widerspruch. Nur mit Verbot und Verzicht geht es nicht. Es braucht ein gutes Zusammenspiel zwischen Lenkungsabgaben und Vorschriften. Innovation soll unterstützt werden. Ich bin der Meinung, dass unser Wirtschaftssystem immer noch das Beste ist. Meine Einstellung unterscheidet sich hier von den Grünen, die ein neues utopisches Wirtschaftssystem fordern.

Es ist Zeit zu handeln. Die FDP möchte das Klima mit Lenkungsabgaben und Kostenwahrheit retten. Langfristig funktioniert das vielleicht, aber wären Verbote und Vorschriften jetzt nicht effektiver?

Verbote sind schwierig durchzubringen, niemand möchte verzichten. Es gibt sicher Bereiche, wo Verbote ihre Berechtigung haben, zum Beispiel um Grenzwerte durchzusetzen. Wir müssen das Problem langfristig lösen, deshalb sind Lenkungsabgaben und Eigenverantwortung durch Kostenwahrheit meiner Meinung nach Strategien, die Zukunft haben.

Ganz anderes Thema: Drogenpolitik. Die Basler FDP fordert die vollkommene Legalisierung jeglicher Drogen. Diese Idee stiess auch bei national bekannten FDP-Politikern auf Kritik. Wieso so drastisch?

Wir betrachten das vollkommene Verbot als ein gescheitertes Prinzip. Heutzutage ist jede Droge auf dem Schwarzmarkt erhältlich; jedoch unter schlechten Bedingungen. Wenn man einen Joint möchte, kommt man in Kontakt mit Dealern, die auch Kokain verkaufen und dir nicht sagen, wie schädlich diese Droge ist. Wir verfolgen den Ansatz, dass man unter kontrollierten Bedingungen an Drogen kommen sollte. Es wäre also nicht möglich, an einem Kiosk Kokain zu erwerben, aber beispielsweise in einer Apotheke. Je nach Droge gehört ein Beratungsgespräch dazu. Oder man braucht ein Rezept zum Erwerb. Welche Droge wie einfach zu kaufen wäre, müsste aber sicher noch diskutiert werden. Uns wäre auch schon entsprochen, wenn man nur gewisse Substanzen legalisieren würde, wie z.B. Cannabis.

Würde das nicht dazu führen, dass Cannabis zur Einstiegsdroge werden könnte?

Zum Teil sicher, aber das ist auch schon im heutigen System der Fall. Ich bin davon überzeugt, dass durch einen kontrollierten Markt nicht mehr Menschen harte Drogen konsumieren würden, aber der Schwarzmarkt würde wegfallen.

Ist die Jugend durch die totale Drogenfreigabe nicht gefährdet?

Das ist ein wichtiger Punkt. Natürlich müssen Jugendschutzmassnahmen eingeführt werden. Man darf heutzutage unter 16 Jahren auch kein Wein und Bier trinken. Auch wenn Jüngere immer noch an Alkohol kommen, bringen diese Massnahmen etwas. Der Exzess in der Schweiz ist jedenfalls kleiner, als in Ländern wo Alkohol erst ab 21 getrunken werden darf.

Wie geht es weiter? Möchten Sie wieder in den Grossrat?

Das weiss ich noch nicht so genau. Für die FDP ist es wichtig, den jetzigen Kurs national beizubehalten. Manche Wählerinnen und Wähler, die den Wechsel begrüsst haben, hatten vielleicht nicht das Vertrauen, dass die FDP diesen Kurs durchzieht.

Wie sehen Sie die Zukunft der Schweiz?

Sehr positiv. Die Schweiz ist ein offenes und innovatives Land. Davon profitieren wir wahnsinnig. Das Niveau in diesen Bereichen sollten wir halten. Verbessern sollte man den IT-Bereich und die IT-Bildung. Es ist wichtig, dass wir dort nicht abgehängt werden. Ausserdem werden das Unternehmertum, der Innovationsgeist und der Mut, ein Unternehmen zu gründen, in der Schweiz zu wenig unterstützt. In jungen Jahren ist man hier meiner Meinung nach zu sicherheitsorientiert. Wobei es schon Organisationen gibt, z.B. die ETH, die Startups fördern. Im Umweltbereich hat die Schweiz eine gute Ausgangslage, aber auch noch wahnsinnig viel Potenzial. Die Leute möchten nicht unangenehmer leben als bisher. Mit innovativen Ideen und kreativen Köpfen können wir gemeinsam die Zukunft gestalten.

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