Bild: Boris Beyer

Leidenschaft Downhill Mountainbike

Anna Newkirk betreibt eine Leidenschaft, die für eine 18-jährige, in Riehen wohnhafte junge Frau, eher ungewöhnlich ist: Sie fährt Downhill Mountainbike. Seit einigen Jahren betreibt sie diesen Sport professionell und fährt Rennen in der ganzen Welt. In den letzten Jahren konnte sie dabei beachtliche Erfolge feiern. An den Weltmeisterschaften 2018 in der Kategorie U19 fuhr sie auf den hervorragenden zweiten Rang. Dieses Jahr konnte sie in Schottland ihr erstes U19 Weltcuprennen gewinnen. Um den Sport und die Schule unter einen Hut zu bekommen, besucht sie die Sportklasse am Gymnasium Bäumlihof. An einem Freitagmorgen treffe ich sie zum Interview.

Deine Leidenschaft ist der Downhill- Mountainbikesport. Bist du also ein Mensch, der gerne das Risiko und den Adrenalinkick sucht?

Ich mag Adrenalinkick und Risiko, würde aber nicht behaupten, dass ich ihn speziell suchen würde. Es ist aber ein cooler Nebeneffekt meiner Sportart, den ich sehr schätze.

Wie bist du zum Downhill fahren gekommen?

Zuerst habe ich mit meinen drei Brüdern begonnen BMX zu fahren. Danach wechselte mein grosser Bruder zum Downhillsport, was für mich die logische Folge hatte, es ebenfalls auszuprobieren. Es gefiel mir sehr und so bin ich beim Downhill fahren geblieben.

Viele Menschen, speziell in den Agglomerationen, haben keine Ahnung was Downhill Mountainbike ist. Wie würdest du deine Sportart in drei Sätzen erklären?

Wir fahren den Berg von ganz oben bis ganz nach unten mit einem Velo hinunter. Ein Lauf dauert zwischen drei bis fünf Minuten und geht über verschiedene Hindernisse wie Steine, Wurzeln, Kurven, Sprünge und Absätze. So schnell wie möglich versuchen wir die Strecke hinter uns zu bringen.

Wann wurde das Downhill fahren für dich zu mehr als einem Hobby?

Ich wollte schon immer Weltcupfahrerin werden und vorne bei den Topfahrerinnen dabei sein. Ein erster Schritt in diese Richtung machte ich, als ich in der achten Klasse in die Sportklasse am Gymnasium Bäumlihof wechselte. Als ich dann in den Jahren 2016/17 im Europacup in der Kategorie u17 mitfuhr, merkte ich, dass der Schritt dorthin möglich ist, ich aber viel dafür trainieren muss. Ich finde, sobald man anfängt praktisch täglich für seine Sportart zu trainieren und an Rennen teilnimmt, wird die Sportart zu mehr als einem Hobby.

Dein Wohnort Riehen liegt nicht in den Bergen. Ist das ein Nachteil für dich?

Es ist ein Vor- und Nachteil. In der Umgebung gibt es zwar keine Downhillstrecken, aber dafür habe ich im Winter keinen Schnee. Die meisten Fahrer und Fahrerinnen, die in den Bergen wohnen, haben im Winter sehr viel Schnee und können zu Hause dann gar nicht richtig trainieren.

Downhill fahren ist nicht gerade eine ungefährliche Sportart. Verspürst du manchmal auch Angst, wenn du eine Strecke hinunter fährst?

Ja, sehr oft (lacht). Angst ist vielleicht das falsche Wort. Ich denke, es ist eher Respekt.

Aber ich muss
zugeben, manchmal habe ich schon
Angst. Diese dann aber zu überwinden
ist ein sehr tolles Gefühl.

Was antwortest du auf das Vorurteil: Downhill fahren ist nicht anstrengend. Man fährt nur den Berg hinunter?

Dann denke ich mir, dass diese Person wahrscheinlich noch nie Downhill gefahren ist. Sehr oft wenn ich mit Leuten fahren gehe, die es zuvor noch nie gemacht haben, ist ihre erste Antwort wenn sie unten angekommen sind, dass es extrem anstrengend war. Ihre Hände würden schmerzen und sie könnten nicht mehr richtig atmen.

Wie viele Stunden pro Woche trainierst du?

Das hängt von der Jahreszeit und davon ab, ob ich bald ein Rennen habe. Normalerweise trainiere ich im Winter zwischen 15 und 18 Stunden.

Und im Sommer?

Im Sommer trainiere ich viel weniger, da ein Wettkampf eine ganze Woche dauert. In den Wochen ohne Wettkampf muss ich mich wieder regenerieren.

Wie sehen deine verschiedenen Trainingseinheiten, bezüglich Season und Off-season aus?

In der Off-Season arbeite ich an meiner Technik, meiner Kraft und meiner Ausdauer. Ich gehe in den Kraftraum, mache Intervalltraining etc. Im Sommer versuche ich meine Kraft zu behalten und gehe im Kraftraum nicht genau gleich an meine Grenzen, wie ich das im Winter tue.

Im Velosport fährt man für ein Team, aber gleichzeitig auch für eine Nation. Wie funktioniert das genau?

Nicht alle Fahrer und Fahrerinnen fahren für ein Team. Ich bin sehr froh in einem guten Team, den Sram Young Guns, zu sein. Teams haben viele Sponsoren und sind wichtig zur Unterstützung z.B. im organisatorischen Bereich. Als Fahrerin kann ich neben den Service-Leuten, die mir mein Bike für die Strecke präparieren, auch von den anderen Athleten und Athletinnen im Team profitieren, in dem wir manchmal zusammen trainieren und die Strecke vor einem Rennen gemeinsam analysieren. Ich starte aber, wie in den meisten anderen Sportarten, für meine Nation – in meinem Fall die USA.

Du bist jedes Jahr viel unterwegs in der ganzen Welt. Wie finanzierst du deine vielen Reisen für die Rennen und Trainingslager?

Ich habe sehr tolle Sponsoren, die mir dabei helfen. Einen davon für die Saison 2019 war Alegra Capital. Daneben habe ich auch noch die Sponsoren meines Teams wie Canyon und Sram und natürlich noch viele weitere gute Leute.

Kannst du mit deinem Preisgeld auch etwas davon finanzieren?

Meiner Meinung nach bekommt man im Weltcup bei den Juniorinnen wenig Preisgeld. Für einen Sieg bekommt man 200 Euro, mit dem man nicht gerade viel bezahlen kann.

Was war dein bisheriges Highlight in deiner Sportkarriere?

(Lacht) Das war als ich einmal eine Linie auf der Strecke gefahren bin, die noch von keiner anderen Frau gefahren wurde. Ich dachte, da sind sicher schon alle Frauen zuvor hindurchgefahren. Es war ein sogenannter grosser blinder Stein, bei dem es dahinter steil nach unten ging, ohne dass man zuvor sah wo man hindurchfährt.

Ein weiteres Highlight war mein erster Weltcupsieg in Schottland.

In den letzten zwei Jahren konntest du mit zwei zweiten Plätzen in der Gesamtwertung, dem Vizeweltmeistertitel und dem dritten Rang an der diesjährigen Weltmeisterschaft grosse Erfolge auf der Juniorenstufe feiern. Im nächsten Jahr wirst du bei der Elite starten. Was sind da deine Erwartungen und Ziele?

Erwartungen habe ich noch keine. Meine Ziele sehe ich in Stufen und ohne Zeitlimite. Mein erstes Ziel ist mich jeweils für das Hauptrennen zu qualifizieren. Dafür muss ich unter die besten 15 fahren in der Qualifikation. Ein zweites Ziel wären dann die Top Ten, dann die Top fünf, dann die Top drei und irgendwann möchte ich gewinnen.

Ist es ein grosser Schritt von den Juniorinnen zu den Elitefahrerinnen?

Ja, ein sehr grosser. Ich fahre jetzt nicht mehr gegen die schnellsten Juniorinnen, sondern gegen die schnellsten Downhillfahrerinnen der Welt. Ich habe Angst (lacht). Die Strecken sind aber die gleichen und die meisten Konkurrentinnen kenne ich schon.

Vielen Dank hast du dir Zeit genommen und viel Glück in der nächsten Saison.

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