Protestschild an einer Klima-Demo, Quelle: Markus Spiske, Pexels

Niemand will sowas hören!

Eine Glosse von Nadia Tamm.

Nicht schon wieder einer dieser belehrenden Artikel von diesen Umweltaposteln, die mir erzählen, dass die Welt untergeht. Niemand will sowas hören! Gewiss habe ich solche Artikel schon gelesen und war danach sehr betroffen. Ein schales Gefühl haben sie hinterlassen und ich hatte das Bedürfnis, mit meinen Freunden darüber zu diskutieren und man war sich einig, nun auf Fleisch zu verzichten und auf Billigmode und überhaupt.

Nach ungefähr zwei Wochen ist der Artikel aus unserem Blickfeld gerutscht, andere, viel wichtigere Sorgen dominieren es nun wieder: der nächste Test, Streit mit der besten Freundin, die Ferien in Spanien. Ein Billigflug. Kurz nagt das schale Gefühl wieder an der Magenwand, doch die Vorfreude auf Strand und Sonne verdrängen es schnell.

Schule, dritte Stunde, Geographieunterricht: Der WFF-Ökologischer-Fussabdruck-Test erzählt mir, wenn alle so leben würden wie ich, würden wir 3.8 Erden verbrauchen. Es war zu erwarten, denn wir haben den Test schon in der dritten Klasse gemacht. Einfallslose Lehrer.

Zuhause, auf dem Bett: Mein Insta-Feed zeigt mir wieder einen der an Plastik verreckten Vögel. Mitleid erfüllt mich, doch nur noch zu zwei Dritteln. Zu oft kann man den Vogeltrick nicht bringen. Schnell scrolle ich weiter zu einem Meme.

Noch immer steh ich da, vor diesem elenden Magazin mit diesem elenden Artikel, dessen Inhalt mich gar nicht mehr schaudern lässt. Ich weiss das doch alles! Ich weiss, dass der Atommüll 250‘000 Jahre lang strahlen wird. Ich weiss, dass im Pazifik Plastikinseln der Grösse Texas’ treiben. Ich weiss, dass der Meeresspiegel steigen wird, Herrgott nochmal! Jedes Kind weiss es. Wir wissen alles. Wir hätten die Macht und die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Hätten. Es ist nun mal einfacher, all diese Probleme zu verdrängen, anstatt auf das nächste Schnitzel zu verzichten. Man umspült sich lieber mit Seichterem als mit Problemen, deren Ausmass zu gross ist, um es überhaupt zu begreifen und die Folgen zu weit weg, als dass sie einem dringend erscheinen. Mir hat der heisse Sommer ziemlich gut gefallen. Man muss es ja nicht gleich zu einer Erfindung der Chinesen erklären. Ignorieren reicht schon.

Ich weiss das doch alles!

Ich starre diesen Artikel an und für einen Moment ist alles ganz klar. Wir haben es in der Hand. Wie wir leben, entscheidet über das Schicksal unseres Planeten. Und wir können nicht sagen, wir hätten es nicht gewusst.

Es ist wahr. Niemand will sowas hören.

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