Rechtlos. Hoffnungslos.

Von Menschen, denen alle Rechte genommen wurden, die schuften müssen, damit andere ihr gemütliches und unbeschwertes Leben geniessen können.

Sklaverei in der Geschichte

“It’s a free country, Sir; the Man is mine!”

Ein Zitat aus dem Buch “Uncle Tom’s Cabin» von Harriet Beecher Stowe, das widersprüchlicher kaum sein könnte. Leider war dieser Widerspruch zu der Zeit, in der Harriet Beecher Stowe den heutigen Klassiker “Onkel Toms Hütte” schrieb, vollkommen normal und allgemein akzeptiert. Der Handel mit Menschen und deren Besitz war gang und gäbe in den USA. Das Buch, dessen Figuren noch heute in den USA als Sinnbilder in aller Munde sind, erschien kurz vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865). Dass die Charaktere aus diesem Werk so stark in Erinnerung geblieben sind, liegt wohl weniger an der Tatsache, dass Harriet Beecher Stowe eine gute Autorin ist, sondern vielmehr an den schrecklichen Geschehnissen, die ihre Geschichte behandelt. Menschen, die als Ware betrachtet werden, Jahrhunderte lang. Schwarze, die allein aufgrund ihrer Rasse, welche die Weissen als minderwertig und unterentwickelt betrachteten, über Generationen unterdrückt und versklavt wurden.

Auch schon vor der Zeit der Amerikanischen Sklaverei gab es Menschen, die nicht sich selbst gehörten. Bereits aus dem 6. Jahrhundert vor Christus gibt es Aufzeichnungen, die den damaligen Sklavenhandel belegen. Trotz allem hebt sich die Geschichte der schwarzafrikanischen Sklaven wohl von früheren Formen der Sklaverei ab, denn es war das erste Mal, dass die Unterdrückten den Status der Minderwertigkeit aufgrund ihrer Herkunft erhielten. Zuvor wurde versklavt, über wen man die Macht hatte. In Griechenland beispielsweise wurden häufig Kriegsgegner versklavt. Jene, die wieder frei kamen, schafften sich, insofern sie es sich leisten konnten, ebenfalls wieder Sklaven an. Dies deutet darauf hin, dass der frühere Sklavenhandel viel sachbezogener war als jener der amerikanischen Geschichte, der sich deutlich gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen richtete, und zwar gegen die Schwarzafrikaner. Mit dem Aussterben der Indianer gingen den Amerikanern auch die Arbeitskräfte aus, weshalb diese ein Handelsdreieck aufbauten, welches sich von Grossbritannien, wo die Schiffe mit Gütern beladen wurden, über den Atlantik bis nach Afrika erstreckte. Dort wurden Güter gegen Sklaven eingetauscht, die schliesslich nach Amerika transportiert wurden. Waren die Sklaven abgeladen, wurden die Schiffe mit neuen Gütern, wie beispielsweise Baumwolle oder Kaffee beladen und zurück nach Grossbritannien gesendet. Die verschleppten Sklaven wurden wie Güter gegen Sklaven eingetauscht, die schliesslich nach Amerika transportiert wurden. Waren die Sklaven abgeladen, wurden die Schiffe mit neuen Gütern, wie beispielsweise Baumwolle oder Kaffee beladen und zurück nach Grossbritannien gesendet. Die verschleppten Sklaven wurden wie Ware behandelt und in den für die Anzahl an Menschen viel zu kleinen Schiffen gestapelt um die halbe Welt transportiert. Sie lebten inmitten ihrer Exkremente, hungerten und waren verschiedensten Krankheiten ausgesetzt. Viele der Sklaven überlebten die Seefahrt von Afrika nach Amerika nicht. Es starben wohl mehr als die Hälfte der verschleppten Sklaven bereits auf den Schiffen. Hunger und Durst waren tägliche Begleiter der entrechteten Menschen. Starben sie nicht daran, dann meist an Krankheiten, denn medizinische Grundversorgung stand ihnen nicht zur Verfügung. War die Ansteckungsgefahr eines Sklaven zu hoch, so kam es auch vor, dass dieser einfach über Bord geworfen wurde.Die wenigen, die überhaupt in Amerika ankamen, wurden vom Schiffsarzt zurecht gemacht, sprich Bart und Haare wurden gekürzt, Wunden übermalt und der Körper eingeölt. So sahen die Sklaven schön und kräftig aus, wenn sie auf den Markt kamen. Auf dem Sklavenmarkt wurden sie anschliessend an wohlhabende Leibherren verkauft,
welche von da an die gesamte Macht über den erworbenen Menschen besassen. Nun hing das «Glück» des Sklaven voll und ganz davon ab, ob ihm der Leibherr oder die Leibherrin wohlgesinnt war, welche Privilegien der neue Meister ihm
zugestand und wie viel er zu arbeiten hatte. Die meisten Sklaven schufteten den ganzen Tag auf dem Feld oder im Haus. Ganze Baumwoll- und Zuckerrohrfelder wurden durch Sklavenarbeit bewirtschaftet. Auch Reisfelder und Tabakplantagen gehörten unter anderem zum Arbeitsbereich der Sklaven. Manche Sklavinnen wurden gezwungen, mit dem Leibherrn zu schlafen. Die daraus hervorgegangenen Kinder hatten ein bitteres Los gezogen, denn jeder wusste, dass seine Mutter mit grösster Wahrscheinlichkeit vergewaltigt worden war. Der Leibherr bestimmte auch über die Eheschliessungen seiner Sklaven und zwang sie dazu, Kinder zu bekommen, da die Nachkommen automatisch sein Eigentum waren. Im späteren 20. Jahrhundert durften die Schwarzen in den USA, genauso wie in Südafrika während der Apartheid, nicht die gleichen Toiletten und Parkbänke wie die weisse Bevölkerung benutzen. Auch die Bereiche in Bussen und Zügen waren oft nach Hautfarbe getrennt und war dem nicht so, durfte sich kein Schwarzer setzen, solange nicht jeder Weisse einen Sitzplatz hatte. Auch Schulen und Krankenhäuser sowie weitere öffentliche Institutionen waren getrennt. Zu dieser Zeit gab es kaum noch Lebensbereiche, die sich die Schwarzen und Weissen teilten. Nach Jahrhunderten der Unterdrückung, nach einem Bürgerkrieg und nach Jahrzehnten der Proteste wurde schliesslich 1964 der Civil Rights Act durchgesetzt. Dieser stellte die Rechte aller Bürger gleich und bereitete somit der Sklaverei ein Ende. In vielen anderen Ländern war dies schon zuvor geschehen, in manchen jedoch auch erst danach. Auf jeden Fall ist die Sklaverei heute in jedem Land offiziell verboten.

Dunkelhäutige Zivilisten
Bild: Pixabay

Moderne Sklaverei

Leider führt das offizielle Verbot der Sklaverei oft zu dem Irrglauben, das Phänomen «Sklaverei» sei heutzutage nicht mehr existent. Dies ist eine Illusion. Obwohl es heute auf der ganzen Welt verboten ist, wird immer noch
stark mit Menschen gehandelt. Unzählige Flüchtlinge, die sich verschuldeten, um in Spanien neue und angeblich bessere Lebensverhältnisse vorzufinden, arbeiten dort auf Lebensmittelplantagen, um ihre Schulden abzuarbeiten. Sind diese jedoch abgearbeitet, werden die Flüchtlinge gezwungen zu bleiben und bekommen dafür meist keinen Lohn, arbeiten aber jeden Tag Stunden um Stunden. In solchen Fällen spricht man von sklavereiähnlichen Verhältnissen. Betroffenen Menschen wird das Recht genommen, für die verrichtete Arbeit entschädigt zu werden, sogar das Recht, sich frei zu bewegen. Manche, wahrscheinlich sogar viele von ihnen, besitzen keine gültigen Papiere, können also nicht an seriöse Arbeit mit seriösen Arbeitsbedingungen gelangen und zurück in ihr eigenes Land können sie erst recht nicht. Sie müssen folglich bleiben. Der Grund für solche Verhältnisse: Billiger und stetiger Anbau von Gemüse und Früchten, die das ganze Jahr lang billig in unseren Läden erhältlich sind, sowie deren kontinuierliche Pflege ohne Bezahlung des Personals. Ähnliche Verhältnisse herrschen auf den Kakaoplantagen an der Elfenbeinküste, von wo mehr als die Hälfte des Kakaos, der auf der ganzen Welt konsumiert wird, stammt. Ein grosser Unterschied zu den Lebensmittelplantagen und Gewächshäusern Spaniens ist, dass auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste fast ausschliesslich Kinder arbeiten. Kinder, welche in noch ärmeren Ländern lebten als an der Elfenbeinküste und oft von ihren eigenen Familien geschickt werden, um das verdiente Geld nach Hause schicken zu können. Stattdessen aber arbeiten die Kinder Stunden um Stunden, um unsere unerschöpfliche Lust auf Kakao zu stillen, ohne Ent-lohnung, die nach Hause geschickt werden könnte. Die Ziegelproduktion in Indien ist ebenfalls ein zu einem Grossteil von modernen Sklaven betriebener Wirtschaftszweig. Stunden der Arbeit, Erwachsene und Kinder. Denn aus billig hergestellten Ziegeln werden billige Fabriken gebaut, in denen Produkte billig produziert werden, die dann bei uns billig zu kaufen sind.

In jedem dieser Fälle erfreut sich der Kunde – also wir alle – am billigen Produkt und hat keine Ahnung, an wie vielen Ecken der Produktion sich Probleme befinden. Menschen, die unter einem solchen Schicksal leiden, werden heute als moderne Sklaven bezeichnet. Die Moderne Sklaverei unterscheidet sich, so sagt man, nur in zwei wichtigen Dingen von früheren Arten der Sklaverei: Sie ist illegal und billiger als je zuvor. Während früher der Kauf eines Sklaven einen gewissen Wohlstand voraussetzte und ungefähr mit einer grossen Anschaffung wie beispielsweise der eines LKWs zu vergleichen ist, so kosten manche Sklaven heute nur gerade magere 50 Franken.

Auch im Bereich der Prostitution, die heute in einigen Ländern, darunter auch in der Schweiz, legal ist, wird viel mit Menschen, in diesem Fall fast ausschliesslich mit Frauen und Mädchen, gehandelt. Viele der Zwangsprostituierten kommen aus den östlichen Ländern Europas, beispielsweise aus Rumänien oder Polen. Ein oft gesehenes Muster ist, dass den Frauen ein seriöser Job, wie beispielsweise Kellnerin oder Reinigungskraft in einem anderen Land, angeboten wird. Diese Arbeiten sind meist besser und, so wird es ihnen jedenfalls versprochen, auch lukrativer als alles, was sie in ihrem eigenen Land bekommen könnten. Manche Frauen glauben auch, sie würden als Tänzerinnen in Klubs arbeiten und nur wenige ahnen, dass sie in einem Bordell arbeiten sollen. Jedoch ahnt wohl keines der Opfer, was sie wirklich erwarten wird, wenn sie einmal da sind. Im neuen Land werden ihnen oftmals die Papiere abgenommen, worauf sie in ein Bordell-Hinterzimmer gesteckt oder in bestimmten Wohnungen zusammen mit vielen anderen Zwangs-prostituierten untergebracht werden. Manche der Frauen befriedigen bis zu 70 Freier am Tag, können aber kaum etwas von dem erarbeiteten Geld behalten. Der Zuhälter bekommt das Meiste. Manche dieser Zuhälter vergreifen sich selbst an den Frauen und Mädchen, vergewaltigen sie und schlagen sie, wenn sie nicht die gewünschten Leistungen erbringen. Folglich trauen sich nur wenige dieser Mädchen, einen Ausweg aus diesem Unglück zu suchen. Die meisten haben Angst vor den Konsequenzen, falls sie es nicht schaffen oder vor dem, was mit ihnen geschieht, wenn sie es tatsächlich schaffen sollten. Denn sie kennen meist niemanden ausser dem Zuhälter und noch einigen anderen Prostituierten. Die wenigen, die es versuchen, schaffen es oft nicht. Oftmals kommen sie nicht einmal bis vor die Tür, da sie noch innerhalb des Bordells abgefangen werden. Schaffen sie es jedoch tatsächlich, diesen Ort zu verlassen, so stellt sich ihnen bald die Frage, wie es weitergehen soll. Viele beherrschen kaum die Sprache, die in diesem Land gesprochen wird, haben keine Papiere und kennen niemanden. Nach dem anfänglichen Adrenalinstoss gewinnt nun schnell die Angst Überhand, die Frauen verlieren den Mut, verlieren den Glauben in sich selbst und gehen zurück in den Puff, den einzigen Ort, den
sie hier kennen. Wenige können Kraft und Mut dafür aufbringen, jemanden Fremden um Hilfe zu bitten. Gelingt es einer dieser Frauen jedoch, so ist dies meist die Rettung.

Natürlich gibt es auch andere Wege, wie Frauen und Mädchen in die Zwangsprostitution gelangen. Ein heute sehr verbreitetes Phänomen sind die sogenannten «Loverboys». Diese spielen den Mädchen die grosse Liebe vor und tauchen nach einigen Wochen oder sogar Monaten plötzlich mit Geldproblemen auf. Die Mädchen, die sich oft Hals über Kopf in diese Beziehungen stürzen und alles für ihren Geliebten tun wollen, willigen oft ein, ihren Körper zu verkaufen, um die «Geldprobleme» des Loverboys zu lösen. Dort werden sie dann oftmals festgehalten und müssen weiter anschaffen gehen.

Beschwerliche Arbeit auf dem Feld, die ganze Familie muss mithelfen.
Bild: Wikiwand

Da der Loverboy die Mädchen schon Monate, bevor er mit den Geldproblemen auftaucht, stark von Freunden und Familienmitgliedern zu isolieren versucht, bekommen diese teilweise kaum etwas von dem schlimmen Schicksal der jungen Frauen mit.

Im Glauben, dass es die Verhältnisse für Prostituierte verbessern würde, ist die Prostitution heute in einigen Ländern erlaubt. Eines dieser Länder ist Deutschland, das dieses Gesetz mit dem Ziel eingeführt hat, allen Prostituierten das Anrecht auf normale Arbeitsbedingungen zu geben, dass heisst, ein Recht auf Rente und Krankenversicherung sowie die Pflicht, den Lohn zu versteuern. Leider hat die Umsetzung des Gesetzes noch mehr dazu geführt, dass jeder, der will, ein Bordell eröffnen kann. Sogar ein Ex-Inhaftierter, der bereits für Menschenhandel gesessen hat, bekommt nun diese Möglichkeit. Die mangelhafte Kontrolle und das offene Recht führen zu teilweise unsäglichen Zuständen in solchen Bordellen, betrieben durch Menschen, welche in etliche unmoralische Geschäfte verwickelt sind und nicht ein einziges Mal geprüft werden, ob sie faire Arbeitsbedingungen bieten. Nie zuvor war es so einfach, an Prostituierte zu kommen, sagen Zuhälter. Diese und die vielen weiteren Wege, wie Frauen und sogar Kinder ins Rotlichtmilieu gelangen können, ebenso wie jegliche andere Formen der modernen Sklaverei, zeigen deutlich auf, dass jede Art von Menschenhandel drastisch dem widerspricht, was wir Menschenrechte nennen. Die Opfer haben keine Macht über sich selbst, können sich oft nicht frei bewegen, werden nicht entlohnt für ihre Arbeit und in jedem Lebensbereich wie Ware behandelt.

Kind auf Kakaoplantage
Bild: Vimeo - Chocolate Slaves

Kommentar

Dass all dies auf unserer Welt geschehen kann, zeigt meiner Meinung nach mehr als alles andere auf, dass wir alle in einer eigenen Welt leben und wir uns so gut es geht nur um uns selbst kümmern. Wir drehen die Fakten im Kopf so um, dass wir kein schlechtes Gewissen haben und unser Leben unverändert weiterführen können. Ich möchte nicht sagen, dass die schrecklichen Geschehnisse dieser Welt niemanden interessieren, es weiss nur keiner, wie zu reagieren ist. Keiner weiss, wie man die schrecklichen Dinge, die Tag für Tag auf dieser Erde geschehen, verhindern kann. Deshalb verdrängen wir alle, wie schlimm es wirklich ist. Wir suchen Ausreden, damit wir in unserem Lebensstil nicht eingeschränkt sind. Jeder Mensch will nur sein Leben in Ruhe leben, jeden einzelnen Tag geniessen und sich nicht mit Dingen herumschlagen müssen, die ihm doch so fern erscheinen und die alles nur komplizierter werden lassen, als sie ihm eh schon erscheinen. Leider vergessen wir neben all diesen Momenten, in denen wir uns mit uns selbst und unseren Gedanken auseinandersetzen, die Zustände, unter denen Millionen von Menschen auf dieser Welt Tag für Tag leben und arbeiten müssen. Vergessen, dass dies alles nur geschieht, weil alles immer billig sein muss, weil alles immer zur Verfügung stehen muss und weil wir alle unseren Lebensstil nicht anpassen wollen. Meiner Meinung nach wissen viele Menschen darüber Bescheid, nur verdrängen wir alle aktiv, was unangenehm, jedoch nicht zu vergessen ist. Denn die Geschehnisse sind so schrecklich, widersprechen grundsätzlich jeglichen Menschenrechten, dass man sich damit auseinandersetzen sollte. Nur wie?

Wie kann man glücklich weiterleben im Wissen, dass der eigene Lebensstil nicht dazu führt, dass etliche Menschen ein Leben lang leiden?

Oft ertappe ich mich selbst dabei, wie ich mir Ausreden ausdenke, nur um keine Schuld auf mich nehmen zu müssen und um all dem aus dem Weg zu gehen. Ich glaube der grosse Fehler bei dieser Geschichte liegt beim Vergessen. Es gab eine jahrhundertelange Unterdrückung einer Rasse, Sklavenhandel in schlimmstem Ausmass und trotzdem passiert all dies wieder und wieder, mit dem grossen Unterschied, dass diesmal keine bestimmte Rasse unterdrückt wird. Diese Tatsache macht das ganze Problem sogar noch gefährlicher. Die Gesellschaft unterdrückt systematisch die Schwachen zum Nutzen der Starken, unabhängig von Herkunft oder Gesinnung. Ich verstehe nicht, wie die Menschen nicht nur kaum aus ihren Fehlern lernen, sondern diese auch noch wiederholen. Das ist für mich eine Tatsache, die ich sowohl nicht glauben kann, als auch nicht akzeptieren will.

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