E-Reader oder doch ein Buch? Quelle: Perfecto Capucine, Pexels

Von Wörtern und Beziehungen

Sie sind klein, sie sind unscheinbar und vor allem: Sie sind überall. Die Rede ist von E-Readern. Seit 1988 das erste E-Book auf den Markt gekommen ist, scheinen sie den ganzen Planeten zu übernehmen. Mit dem damals als elektronisches Buch veröffentlichten Roman Mona Lisa Overdrive von William Gibson begann vermeintlicherweise ein neues Zeitalter für die Lesekultur. Doch ist dem auch wirklich so? Oder ist die scheinbare Bedrohung für die gedruckten Bücher durch E-Books gar nicht so gross wie gedacht?

Ist die scheinbare Bedrohung für die gedruckten Bücher durch E-Books gar nicht so gross wie gedacht?

Schaut man sich die Zahlen an, kommt man schnell zum Schluss, dass Bücherwürmer sich nicht vor dem Aussterben der gedruckten Bücher, sozusagen ihrer der Apokalypse, fürchten müssen. Denn nur 3 von 20 Lesern bevorzugen E-Books. Kritiker könnten argumentieren, dass das E-Book doch immer noch eine eher neue Erfindung ist und die Zahlen in den kommenden Jahren noch steigen werden. Fakt ist jedoch, dass es in den letzten vier Jahren keinen bedeutenden Zuwachs an Lesern gegeben hat, die lieber einen Bildschirm als ein Buch vor sich haben.

Ist die Veröffentlichung von Mona Lisa Overdrive die Geburt des E-Books, so steht das Projekt Gutenberg für die Schwangerschaft. Denn bereits seit 1971 bietet diese Website einen kostenlosen Zugang zu rechtefreier Literatur an. Und das alles ausschliesslich digital. Trotzdem wurde da noch nicht von E-Books gesprochen, da die Bücher in einem umstrukturierten Textformat angeboten wurden. Heutzutage hat sich das Projekt aber angepasst und bietet die Bücher in für E-Books typischen Formaten, etwa EPUB oder Mobipocket, an.

Die Frage nach der tatsächlichen Bedrohung des gedruckten Buches durch E-Books ist also geklärt. Was aber ist es, das die Leser davon abhält, auf E-Books umzusteigen? Und was spricht trotzdem gegen gedruckte Bücher und somit für E-Books?

E-Books sind handlich, passen überall rein und wiegen fast nichts. Deshalb sind sie vor allem bei Lesern, die viel unterwegs sind, beliebt. Auch für die Strandlektüre sind E-Books natürlich weitaus praktischer als gedruckte Bücher. Denn letztere nehmen im Koffer Platz weg und fallen zudem ins Gewicht. Und wer hat nicht gerne noch ein paar Kilos übrig, die er für Souvenirs oder neue Kleidung verwenden kann?

Beim Thema Reisen und unterwegs sein kommt auch das Argument ins Spiel, dass E-Books dem Leser mehr Privatsphäre erlauben. Denn liest man auf einem E-Reader kann niemand sehen, was man gerade liest. Die Frage ist natürlich, ob sich das der Leser überhaupt wünscht. Schliesslich sind Bücher immer noch dankbare Eisbrecher und auch davon kann man im Urlaub doch nie genug haben.

Wer viel reist, hat bekanntlich weniger Geld für anderes. E-Books bieten sich an, denn die meisten Bücher sind in elektronischer Form günstiger als in gedruckter. Jedoch muss natürlich auch ein Gerät, ein sogenannter E-Reader, gekauft werden. Solche kosten kein Vermögen, könnten aber schon ein schönes Abendessen weniger bedeuten.

Und was ist, wenn man schneller aufgelesen hat als gedacht? Es ist kein schönes Gefühl, im Urlaub zu sein und plötzlich kein Buch mehr übrig zu haben. Kein Problem mit einem E-Reader, denn dort sind alle E-Books jederzeit sofort verfügbar.

Zu all dem bieten E-Books zahlreiche praktische Vorteile. So verfügen E-Reader meist über eine Funktion, die es beispielsweise erlaubt, mp3-Dateien abzuspielen. Auch über Nachschlagewerke sowie eine Such- und Kopierfunktion verfügt die Mehrheit der E-Reader.

Der meistgenannte und wahrscheinlich auch bedeutendste Faktor, der für E-Books spricht, ist derjenige, der die Umwelt betrifft. Jedes gedruckte Buch, das im Laden steht, ist gewissermassen ein Grabstein für einen gerodeten Baum. Und wie wir alle wissen, brauchen wir Bäume vielleicht gerade dringender als Bücher. Allerdings ist hier anzumerken, dass auch E-Books (oder vielmehr die E-Reader) keine Engel sind, was den Umweltaspekt anbelangt. Denn die elektronischen Geräte müssen hergestellt und später auch wieder entsorgt werden. Diese Prozesse brauchen ebenfalls Energie und andere wichtige Ressourcen. Trotzdem gelten E-Books als umweltfreundlicher als gedruckte Bücher. Und wer etwas für die Umwelt tun möchte, wäre wahrscheinlich besser dran, würde er oder sie einfach weniger umherziehen, anstatt weniger gedruckte Bücher zu lesen.

Jedes gedruckte Buch, das im Laden steht, ist gewissermassen ein Grabstein für einen gerodeten Baum.

Nun zur anderen Seite der Diskussion: Was macht gedruckte Bücher aus? Warum liest trotz der Digitalisierung noch die Mehrheit der Leser lieber gedruckte Bücher als E-Books?

Erstens kann man E-Books weder anderen ausleihen noch weiterverkaufen. Verliert man also das Interesse an Büchern oder möchte – viel wahrscheinlicher – eines davon der Schwester oder dem besten Freund ausleihen, ist man als Leser von E-Books schnell am Ende der Möglichkeiten. Dazu kommt, dass man E-Books von verschiedenen Anbietern auch nicht auf verschiedenen Geräten lesen kann. Man ist also an einen Anbieter und an ein Gerät gebunden.

Was macht gedruckte Bücher aus?

Nicht nur physikalisch ist man daran gebunden, sondern gewissermassen auch emotional. Denn während ein E-Reader am Ende auch nur ein weiterer Bildschirm ist, kann man beim Lesen eines gedruckten Buches ausschalten – und das wortwörtlich. Es wurde nämlich nachgewiesen, dass „echte“ Bücher eine beruhigende Wirkung auf Geist und Körper haben können. Gerade in unserer nie zur Ruhe kommenden Welt ist dies für viele Leser von grosser Bedeutung. Denn ein Buch ist schliesslich dazu da, uns in eine andere Welt eintauchen zu lassen und somit das Verlassen der Realität zu ermöglichen.

Dies war schon immer so und wird mit grösster Wahrscheinlichkeit auch immer so bleiben. Diese Denkweise beruht auf genau einer Sache: Tradition. So ist es auch Tradition, ein Papier in den Händen zu halten, während man ein Buch liest. Die Verwendung von E-Readern bricht mit dieser Tradition und dazu sind viele Leser zumindest jetzt noch nicht ganz bereit.

Und doch könnten die meisten Bücherwürmer über all diese Nachteile des E-Books hinwegsehen. Wäre da nicht das letzte und zudem das ausschlaggebendste Argument:

Ein gedrucktes Buch in den Händen zu halten ist einfach ein anderes Gefühl als ein E-Book auf einem E-Reader zu lesen. Letztere sind kalt, dünn und steif. Bücher in Form von bedrucktem Papier hingegen lösen in Bücherwürmern bei der puren Berührung Glücksgefühle aus. Der Geruch erinnert an ein Zuhause in einer anderen Welt, das Geräusch beim Umblättern der Seiten an das Gefühl von Geborgenheit. Kurz und knapp: Gedruckte Bücher erfüllen uns mit Wärme, die E-Reader nicht einmal dann erzeugen können, wenn man sie bei 30 Grad in der prallen Sonne liegen lässt.

Bücher in Form von bedrucktem Papier hingegen lösen in Bücherwürmern bei der puren Berührung Glücksgefühle aus.

Lange Rede, kurzer Sinn: Beide Formen von Büchern bieten ihre Vorteile. Bei jemandem, der oder die eher praktisch denkt, umweltbewusst ist und nicht allzu viel von Traditionen hält, ist ein E-Reader sicher nicht fehl am Platz. Wer hingegen mehr Wert auf Entspannung, Leseerlebnis und Verbundenheit legt, wird wohl mit einem gedruckten Buch glücklicher.

Am Ende ist es auch ganz egal, welches Medium wir bevorzugen; E-Reader oder gedrucktes Buch. Denn die Liebe zu Büchern bleibt unverändert!

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