Illustration: Srdjan Paravac

Widerstand beginnt im Kopf

Mut. Überzeugung. Rückgrat. Eine Vorstellung davon, was gut und was schlecht ist.

Alles das sind Eigenschaften, die gebraucht werden, um Widerstand zu leisten; um seine Stimme gegen etwas zu erheben und dabei gehört werden zu wollen, sich zu verpflichten etwas gegen eine Sache zu unternehmen. Doch wo beginnt Widerstand? Und ab wann nennen wir etwas zu Recht Widerstand?

Widerstand beginnt im Kopf. Dort nimmt er seinen Anfang; mit einem Gefühl. Es ist dieses Etwas in dir, dass dich aufwühlt, dich permanent jemanden anschreien oder Hauswände treten lässt. Kurzum: Wut. Du empfindest sie angesichts vorherrschender Umstände, die du als Unrecht empfindest.

In seinem Buch, über die Weisheiten seines Grossvaters, schreibt Mahatma Gandhis Enkel, Anun Gandhi:

”Wut ist für einen Menschen wie Benzin für ein Auto —
sie treibt einen an, damit man weiterkommt,
an einen besseren Ort. Ohne sie hätte man keinerlei
Motivation, sich einem Problem zu stellen.
Wut ist die Energie, die uns zwingt, zu definieren,
was gerecht ist und was ungerecht.“

Einmal erkannt, was man für Recht und Unrecht hält, sieht man sich vom Gewissen nahezu dazu gezwungen, etwas gegen die Umstände zu unternehmen, die einen in solch eine Zornigkeit versetzen.

Doch wie stellt man das am besten an? Wie leiste ich möglichst effektiven Widerstand? Bis wohin bin ich bereit zu gehen? Und welche Grenze möchte ich vielleicht trotz all meiner Unstimmigkeit mit den gegenwärtigen Umständen selbst nicht überschreiten? Will ich mit den gleichen Mitteln kämpfen wie meine Opposition?

Je nach Voraussetzungen, in denen man lebt, gestaltet es sich schwieriger oder einfacher Widerstand zu leisten. Denn die meisten sehen es nicht gerne, wenn gegen sie oder ihre Ideen Widerstand geleistet wird. Und das Spektrum an Toleranz für andere Ideen ist breit. 

Mit politischem Widerstand sind wir alle vertraut. Und glücklicherweise riskieren wir weder unsere Freiheit noch unser Leben, wenn wir gegen politische Entscheide oder das Ausbleiben derselben rebellieren. In der Regel wird es sogar als der erhoffte Aufruf, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken, verstanden, der vielleicht ein Umdenken und entsprechendes Handeln nach sich zieht. 

Doch die Toleranz, die uns das System, in dem wir leben, in dieser Hinsicht entgegen bringt, ist nicht als gegeben oder selbstverständlich zu verstehen. Die Willigkeit diesen Stimmen Gehör zu schenken, variiert abhängig von Region und Zeit gewaltig.

Es wurden schon Vorstufen von Widerstand, aus Angst, sie könnten ausarten, angefeindet oder bestraft und werden es heute noch.

Doch spräche es nicht für die Stabilität und Stärke einer Regierung, wenn diese dazu fähig wäre, Andersdenkende nicht zu verstoßen sondern im Gegenteil sie mit einzubinden? Das müssen ja labile Wertvorstellungen sein, wenn sie durch den kleinsten Einwand, das kleinste Rütteln, schon derart ins Wanken geraten, dass der Einsturz droht.

Doch zurück zur Frage: Ab wann nennen wir etwas zu Recht Widerstand?

Hierbei ist es wichtig den Unterschied zwischen Protest und Widerstand zu sehen. Die beiden liegen nah beieinander und sind doch nicht ein und das selbe. Protest ist, sich gegen etwas auszusprechen. Dazu sind in den meisten Fällen, aber auch schon die Qualitäten erforderlich, die für Widerstand gebraucht werden. Widerstand jedoch geht noch einen Schritt weiter. Denn tatsächlich geht Widerstand darüber hinaus, sich bloß gegen jemand bestimmtes oder gewisse Umstände auszusprechen. Widerstand zu leisten bedeutet sich auch dafür einzusetzen, dass diese ein Ende finden. Selbst wenn das mit einem persönlichen Risiko für den Widerstand Leistenden verbunden ist.

 

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