Ein Klassenzimmer im Jahr 1950

Wir brauchen ein neues Schulfach!

Die Digitalisierung und der einfache Zugang zu Medien verändern alles. Das macht auch vor der – nach der Kirche – wohl traditionsbewusstesten Institution keinen Halt; der Schule. Es scheint aber, als ob die Unterrichtsmethoden immer noch in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts hängen geblieben sind. Noch immer sind die Fächer dieselben, also Mathematik, Deutsch und Sport. Noch immer wird das meiste in Frontalunterricht unterrichtet. Noch immer gibt es Hausaufgaben und Strafen, falls sie nicht gemacht werden. Längst nicht mehr so drastisch wie in den 70er-Jahren des 19.Jahrhunderts, aber einen Eintrag ins Klassenbuch gibt es immer noch.

Zum Vergleich: Ein Klassenzimmer, wie es heute in jeder Grundschule stehen könnte.

Ich will mich hier nicht mit dem pädagogischen Wert von Frontalunterricht und Hausaufgaben auseinandersetzen. Vielmehr will ich einen Blick auf ein Schulfach richten, welches ganz klar fehlt: Medienkompetenz.

«Ich gehe auf YouTube und schaue, was mir vorgeschlagen wird. So informiere ich mich die meiste Zeit.»
-Maximilian, 17 Jahre alt, Gymnasiast

In Zeiten der unbegrenzten Nutzung des Internets ist auch die Wissenszufuhr leichter als je zuvor. Sei es ein Kochrezept oder die Adresse des nächsten Zahnarztes – alles kann schnell und einfach herausgefunden werden.

Zu dieser zugegeben wesentlich bequemeren Art der Wissensbeschaffung gehört aber auch das Wissen über politische Abstimmungen oder Wahlen. Und genau dort kommen die sozialen Medien wie Instagram, Facebook oder Youtube ins Spiel. Ein Grossteil der Jugendlichen informiert sich im Internet über politische Thematiken, wie eine Studie von YouGov zeigte. Man sieht also, dass das Internet eine grosse Rolle in der Informationsbeschaffung der Jugend spielt. Aber was, wenn man im Internet mit falschen Fakten konfrontiert wird?

Man könnte jetzt annehmen, dass gerade die Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, dieses auch am Besten beherrschen würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wie Studien zeigten, haben grosse Teile der befragten Jugendlichen Mühe, Nachrichten von Nachrichten als getarnte Werbung zu unterscheiden. Ebenso wenig konnten sie sicher sagen, ob eine Quelle vertrauenswürdig ist oder nicht. Und gerade die Algorithmen der sozialen Medien sorgen nicht nur dafür, dass immer die Beiträge angezeigt werden, die dem eigenen Suchverhalten ähnlich sind, sondern vor allem dafür, dass die absurdesten und krudesten Meldungen oben bleiben, da diese naturgemäss mehr Aufrufe erhalten.

Dementsprechend sind die Anreize für Bloggende und Social-Media-Nutzende hoch, erschreckende und märchenhafte Beiträge zu veröffentlichen, da diese mehr Aufrufe generieren, wie eine Studie des MIT zeigte.

Die Unterscheidung zwischen Fake News und seriösen Nachrichten ist also gar nicht so leicht. Aber wieso sollte es auch? Es wurde und wird den Jugendlichen schliesslich nirgendwo beigebracht!

Die Schulen sind in der Pflicht

Und genau dort kommen die Schulen ins Spiel. Denn diese Verantwortung der medialen Sensibilisierung kann nicht den Eltern überlassen werden; die privaten Umstände sind zu verschieden dafür. Also liegt es an den Bildungsinstitutionen dafür zu sorgen, dass in einem Zeitalter des Informationsüberflusses der Jugend nicht der Überblick verloren geht.

Genau aus diesem Grund brauchen wir dringend ein neues Schulfach, welches sich mit dieser Thematik auseinandersetzt. Es gibt zwar schon Schulen, die mit gutem Beispiel vorangehen. Eine Schulklasse im Kanton Nidwalden in der Schweiz beispielsweise bekommt als Teil des Lehrplans 21 jetzt neu das Fach Medien und Informatik unterrichtet. Aber das ist eine Ausnahme und Seltenheit.

Diese neuen Kompetenzen benötigte man vor 20 Jahren noch nicht, da wurden die Nachrichten im besten Fall von gut ausgebildeten Journalisten zusammengetragen und verwertet. Heute ist das allerdings nicht mehr so. Wir brauchen ein Schulfach, welches der Jugend beibringt, wie man mit viel Informationen umgehen kann, wie man zwischen einer seriösen und einer falschen Nachricht unterscheidet und warum eine Meldung immer zwei unabhängige Quellen braucht.

Ohne den klaren Gegensatz zwischen Fakt und Meinung kann und wird die Demokratie nicht überleben. Und wo besser ansetzen, als bei den Entscheidungstragenden von morgen - der Jugend.

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