Ein Traktor auf dem Acker, Quelle: Sergio Souza, Pexels

Eine Machtfrage

Der Mensch beeinflusst die Natur, diese wieder um den Menschen. Die Geschichte eines Machtverhältnisses

Was am Anfang war, wissen wir nicht. Doch irgendwann entstand dann unser gesamtes Universum mit allem, was wir auch heute noch dort finden. Es formte sich die Zeit, die Materie, Sterne, Galaxien, Planeten und schlussendlich nach vielen, vielen Jahren auch erstes Leben auf unserem Planeten Erde. Nach weiteren, unzähligen Jahrmillionen entwickelte sich dann ein Tier, das sich selbst den Namen Homo Sapiens gab und sich schliesslich als Herrscher der ihm bekannten Welt deklarierte. Nach und nach begann sich diese sehr aggressive und anpassungsfähige Art von ihrer Umgebung und deren Bewohner zu distanzieren. Immer mehr gestand sie sich Rechte und vor allem Vorrechte zu, mit dem Argument ihrer Intelligenz.

So brach eine Ära an, in der eine einzige Spezies ihren gesamten Heimatplaneten samt seinem Klima zu verändern begann. Immer mehr wollte der Mensch seine Umgebung nach seinen Zielen und Vorstellungen umformen, aus allem einen Nutzen ziehen, ohne Rücksicht auf irgendeinen anderen Organismus, oft sogar ohne Rücksicht auf die eigenen Artgenossen. Nach und nach entwickelte er raffiniertere und effizientere Hilfsmittel und Werkzeuge.

So wurde innerhalb von einigen Jahrtausenden aus einem einfachen Steinkeil ein von gezielt konvertierter Energie angetriebener Computer oder ein riesiges Konstrukt aus Metall, welches mithilfe von Verbrennungen im Stande ist, sogar die Erdatmosphäre zu verlassen und auf dem einzigen Trabanten der Erde, dem Mond, zu landen. Auch begann der Mensch, seiner Umgebung Bezeichnungen zu geben, versuchte, alles zu kategorisieren, alles zu verstehen. So sah er sich immer weniger als Teil seines Lebensraumes und immer mehr als dessen Herrscher. Er benannte alles was nicht von ihm gemacht oder verändert wurde als Natur. So zog er eine klare Grenze zwischen Mensch und allem anderen. Es scheint, als hätte sich der Mensch durch seine Separation vom Rest der Welt selbst ein Feindbild geschaffen. Er trägt einen Kampf gegen einen Gegner aus, der keiner ist.

Es scheint, als hätte sich der Mensch durch seine Separation vom Rest der Welt selbst ein Feindbild geschaffen.

Definition der Natur nach Duden:

  1. alles, was an organischen und anorganischen Erscheinungen ohne Zutun des Menschen existiert oder sich entwickelt
  2. [Gesamtheit der] Pflanzen, Tiere, Gewässer und Gesteine als Teil der Erdoberfläche oder eines bestimmten Gebietes [das nicht oder nur wenig von Menschen besiedelt oder umgestaltet ist]

Anstatt sich als Teil eines Systems zu sehen, sieht sich der Homo Sapiens als ein alles beherrschendes Wesen. Doch wird er immer wieder eines Besseren belehrt. Trotz all seinem Verständnis der physikalischen und chemischen Abläufe hat sein Handeln immer wieder Konsequenzen, die er nicht einkalkuliert hat. Und je grösser und einschneidender seine Eingriffe in die Abläufe eines rein auf Ausgleich basierenden Systems sind, desto unberechenbarer sind die Auswirkungen. Denn durch Wechselwirkung hat alles was wir tun, eine Auswirkung auf unsere Umwelt. Es ist, als würden wir auf ein Trampolin springen und uns dann fragen, weshalb wir wieder nach oben gespickt wurden. Je stärker wir auf dem Trampolin hüpfen, desto höher und desto gefährlicher für uns wird auch der anschliessende Ausschlag nach oben. Und das über unberechenbare Distanzen und Zeiträume. So ist es möglich, dass wir die Konsequenzen unserer Tat heute erst in fünfzig Jahren spüren. Dieses Prinzip haben leider viele noch nicht begriffen, obwohl es die Grundbeschaffenheit unserer Welt beschreibt und wir hören nicht auf, durch die Summe unserer Handlungen ein riesiges Kräfteungleichgewicht hervorzurufen. Weder riesige Konzerne, die durch ihre billige Produktion unsere Atmosphäre strapazieren, noch wir, die deren Produkte in Unmengen konsumieren, denken genug langfristig.

So ist unsere Überlegung, dass unsere Umgebung versucht, sich gegen uns zu wehren, dass sie sich durch extreme Verhältnisse gegen uns wendet. Das wir ebenfalls ein Auslöser für all das sind, ist uns allerdings nicht oder nicht genug bewusst. Wir haben vergessen, dass wir nicht weniger und nicht mehr ein Teil unseres Lebensraumes sind als ein Stein, ein Grashalm oder ein Wasserstoffatom. Alles steht im Zusammenhang.

Wir haben vergessen, dass wir nicht weniger und nicht mehr ein Teil unseres Lebensraumes sind als ein Stein, ein Grashalm oder ein Wasserstoffatom.

Ich bin überzeugt, dass es den Unterschied zwischen Natur und Künstlichem nur in unseren Köpfen gibt. Alles hat eine Auswirkung auf seine Umgebung, alles uns bekannte ist Teil des gleichen Universums. Und für das Universum gibt es die Frage nach Macht und Beherrschen nicht, denn alles wirkt miteinander. Schaden wir dem einen, wird der Schaden irgendwann wieder auf uns zurückfallen. Diese scheinbar über alles erhabene Spezies Mensch muss endlich begreifen, dass sie einen Machtkampf austrägt, den sie nicht gewinnen oder verlieren kann. Je stärker sie versucht, die Welt nach ihren Vorstellungen umzuformen, desto stärker wird sich auch ihr scheinbarer Gegenpart in die entgegengesetzte Richtung entwickeln.

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