Illustration: Filomena Gallay

Wieso reisen wir?

Flug um Flug, Zug um Zug und Autos wohin das Auge reicht: unser Alltag hängt von der Mobilität ab. Die Pandemie, welche unseren Alltag seit letztem Jahr stark einschränkt, hat gewisse Aspekte davon verändert. Wir, sowie Unternehmen auch, nehmen Änderungen vor und passen uns der Situation an; Geschäftsmeetings werden nun vermehrt online abgehalten, was kostensparend und umweltfreundlicher ist. Obwohl dieser neue Arbeitsalltag mit weniger Reisen auskommt, haben viele Privatpersonen den Wunsch zu reisen. In den letzten Jahrzehnten ist der Massentourismus auf der Welt enorm angestiegen.

Auch wenn dies momentan je nach Massnahmen des jeweiligen Landes nicht möglich ist, möchte ich mich in diesem Artikel mit einigen möglichen Gründen dieses Massentourismuses beschäftigen.

Vermissen

Ein weit verbreiteter Grund seine Koffer zu packen, sind Familie und Freunde. Durch die Globalisierung leben Familien verteilt auf dem Globus und möchten sich trotz der Distanz regelmäßig sehen. Früher wurde man an einem Ort geboren und starb normalerweise auch an diesem. Der Aspekt der Distanz spielte damals in vielen Fällen nicht wirklich eine Rolle. Im letzten Jahrhundert gab es einen grossen Aufschwung in der Mobilität. Konstant wurde und wird alles immer wie schneller. Früher betrag die Reisezeit mit dem Zug von Basel ins Tessin sechs bis sieben Stunden, während wir heute innerhalb von ca. drei Stunden diese Strecke zurück- legen. Geschweige den Distanzen die heute durch den Flugverkehr in kürzester Zeit zurückgelegt werden können. Neben unzähligen anderen waren es genau diese Fortschritte, welche uns heute ermöglichen, so mobil zu sein.

Konstant wurde und wird alles immer wie schneller.

Jung und frei

Ein beliebter Zeitpunkt für eine Reise ist der Einstieg in das Erwachsenenleben. Nachdem Schüler und Schülerinnen nach dreizehn Jahren das Schulgebäude und die vielen Leidensgenossen mit einem Stück Papier hinter sich lassen, wollen sie raus in die grosse Welt. Die neu gewonnene Freiheit möchte erkundigt werden. Während die einen gehen, um mit ihren Freunden zu feiern und eine schöne Zeit zu haben, gehen andere auf Reisen, um sich selbst und was sie im Leben wollen, zu finden. Weitere möchten neue Leute kennenlernen oder wagen sich aufgrund einer Universität oder einer anderer weiterführenden Schule auf unbekanntes Terrain.

Wer bin ich?

Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen ihre Heimat für eine Zeit verlassen. Unter diesen sind solche, die das Bedürfnis haben, sich auf die Suche nach ihrer „wahren“ Identität zu machen. Nach dem Motto: „Wer bin ich? Wer möchte ich sein?

Auf der anderen Seite strömen jährlich Scharen von Deutschen nach Mallorca, um am Strand Bratwürste zu essen und Bier zu trinken. Ähnlich sollen sich auch Schweizer auf Elba verhalten. Der Hintergrund dafür könnte sein, dass die Schweizer einfach an einen Strand wollen, da wir ein Binnenland sind. Auch wenn Deutschland an die Nordsee und Ostsee grenzt, ist es dort nicht so angenehm warm wie im Süden. Auch die Sicherheit, sich verständigen zu können und verstanden zu werden, da dort so viele Deutsche sind, ist für viele beruhigend. Natürlich kann dieses Verhalten auf unendliche Nationen übernommen werden, Deutschland dient hier nur als Beispiel, da der Stereotyp bekannt ist. Diese Art von Reisen ermöglicht es nicht wirklich, von seiner eigenen Kultur wegzukommen. Dies abgesehen von den Auswirkungen, die der Massentourismus auf die jeweiligen Orte und die Umwelt hat.

Temperatur und Wetter

Ein weiterer Punkt bilden die verschiedenen Klimata des Planeten. Wer Jahr für Jahr in einem nebeligen, feuchten und kalten Klima lebt, strebt nach Abwechslung und möchte die Sonne sehen. Auch umgekehrt wünschen sich Menschen, welche das Jahr durch in einem warmem Klima leben ab und zu eine Abwechs- lung. Die Schweizer Alpen leben vor allem im Winter vom Tourismus. Die Schneesportangebote ziehen Leute aus Europa und der ganzen Welt an.

Wie schon im vorigen Abschnitt am Beispiel der Deutschen zu sehen war, kann es auch sein, dass ein Land an ein Meer grenzt und die Bedingungen trotzdem nicht mit den Bedürfnissen übereinstimmen.

Reisen als Bildung

Das Streben nach Neuem und Weiterentwicklung ist im Menschen verankert und zeigt sich unter anderem auch im Reiseverhalten. Neues zu sehen ist eine hohe Form von Bildung. Das Kennenlernen von Kulturen, Sprachen, Sitten, Orten und Leuten. Menschen fragen sich: «Was ist zuhause anders? Was für einer Gesellschaft gehöre ich an? Möchte ich ein Teil von dieser sein? Was möchte ich zuhause verändern?»

Alle brauchen Abwechslung und wollen neue Erfahrungen sammeln. Bei der Auswahl des Ortes muss man sich fragen, ob es darum geht, möglichst wenig Geld auszugeben und dabei einfach von zuhause weg zu kommen? Fotos für ein Album zu machen? Auch kann man seinen Urlaub nutzen, um etwas fürs Leben zu sehen und zu lernen. Manchmal vergisst man, dass es im eigenen Leben und somit dem Zuhause auch sehr viele Abenteuer gibt und sucht an jedem Ort ausser an dem, wo man jeden Tag ist. Kann man wirklich jemals alles gesehen haben? Alles ist stets im Wandel, so wie wir alle auch.

Manchmal vergisst man, dass es im eigenen Leben und somit dem Zuhause auch sehr viele Abenteuer gibt und sucht an jedem Ort ausser an dem, wo man jeden Tag ist.

Massentourismus, Corona und post-Corona

Unzählige Kulturen und natürliche Lebensabläufe werden an vielen Orten der Welt durch den Massentourismus bestimmt. Alles richtet sich nach den Reisenden, da diese Geld ausgeben und so den Lebensunterhalt von unzähligen Familien sichern. Die Einheimischen leben oft hauptsächlich vom Tourismus. Über die letzten Jahrzehnte hat sich dieses Business sehr stark ausgebaut. Doch was, wenn keine Touristen mehr kommen? Über das letzte Jahr haben die Reisen weltweit zum Vorjahr durchschnittlich 60% abgenommen. Vielen Leuten geht es aufgrund der Pandemie schlecht. Für die Umwelt war dieser Einbruch jedoch gut, denn sie hat sich wieder ein wenig erholen können, was man beispielsweise an den Delfinen um Venedig herum erkennen konnte. Schon vor Corona wurde der Tourismus mit erheblichen Problemen, wie den zu grossen Menschenmengen, konfrontiert. Es gestaltet sich schwierig, eine Prognose abzugeben, wie es nach Corona weitergehen wird. Es steht aber fest, dass für das Verlangsamen der Klimaerwärmung eine Minimierung des Tourismus von Nutzen wäre.

Um dem Klimawandel gegenzusteuern spielt vor allem die Wahl des Reisemittels eine grosse Rolle. Umweltfreundlichere Verkehrsmittel wie Züge würden auch das Kennenlernen der Strecke zwischen zuhause und Reiseziel den Menschen näherbringen. Welch grosse Distanzen man wirklich zurücklegt, würde einem wieder klarer. Momentan kann man nur beschränkt reisen und hat vielleicht auch deshalb mehr Zeit, sich über solche Themen Gedanken zu machen.

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